[126] 10/3025.

An Friedrich Heinrich Jacobi

Ich wünschte, lieber Bruder, daß du dein Familienfest mit besserer Gesundheit beschlossen hättest, laß mich hören daß Ruhe und Sammlung dich wieder hergegestellt hat.

Um die Zeit da es jährig ward daß ich mit euch wohnte empfand ich eine Art von Heimweh und hätte wohl mögen, wenn es auch nur auf kurze Tage gewesen wäre, mit euch leben und hausen. Grüße mir alles was um dich ist und gedencket mein im besten.

Max ist recht brav. Seine Reise hat ihm wohlgethan, er rechnet 6 Louisdor Reisekosten, wird sie von Schenck erhalten und an mich remboursiren, diese bringe ich also nicht auf deine Rechnung. Das übrige will ich nächstens zusammen schreiben und dir schicken. Sage mir nur ob ich deinen Wagen verkaufen darf. Düsseldorf sieht er wohl schwerlich wieder und mir steht er zur Last, da er zu schwer ist. Willst du nicht mein Chaischen von Coblenz kommen lassen, ich gebe es ohne dieß für verlohren und rechne dir es nicht höher an als du es brauchen kannst. Es dient dir doch einmal auf Wäckefieldische Art einen Gast los zu werden.

Maxens Collegia sind ganz gut eingerichtet. Er hört Anatomie, Phisiologie und Chemie, dann materia medica, weil sie Hufland im ganzen nächsten Jahre nicht wieder liest und die Encyclopädie bey Schütz. Bey Reinholden wollte er auch noch hören, gab es[126] aber aus verschiednen Ursachen auf. In der Anatomie geht es schon frisch in die Muskellehre, in der Chemie und Phisiologie jammert er über die langen Einleitungen. Mit Hufland ist er auserordentlich zufrieden. Nächste Woche seh ich ihn vielleicht wieder. Ich hoffe viel Gutes von ihm.

In Phisicis habe ich mancherley gethan, besonders freut und fördert mich Lichtenbergs Theilnehmung. Sende doch meine Abhandlung über die farbigen Schatten an die Fürstinn Galizin, wenn du vorher nachstehende Note am Ende hinzugefügt.

»In einer franzößischen Schrift, Observations sur les ombres colorees, par H. F. T. Paris 1782, 8. leitet der Verfasser aus ähnlichen Versuchen, ähnliche Resultate her. Einen Auszug dieser merckwürdigen, leider kaum bekannt gewordnen Schrift bin ich im Begriffe zu machen und mit erläuternden Noten vorzulegen.«

Reinecke Fuchs naht sich der Druckerpreße. Ich hoffe er soll dich unterhalten. Es macht mir noch viel Mühe, dem Verse die Aisance und Zierlichkeit zu geben die er haben muß. Wäre das Leben nicht so kurz, ich ließ ihn noch eine Weile liegen, so mag er aber gehen daß ich ihn los werde.

Um etwas unendliches zu unternehmen habe ich mich an den Homer gemacht. Da hoffe ich nun in meinem übrigen Leben nicht zu darben.

Daß du dich mit Schlossern gut gefunden hast freut mich sehr für beyde, auch mir hat seine Gegenwart[127] sehr wohl gethan, denn man fühlt bald daß seine Strenge einen sehr zarten Grund bedeckt.

Nun lebe fein wohl grüße die deinen und schreibe mir bald. W. d. 18. Nov. 93.

Goethe.

Herder wird das Buch schicken. Er ist wohl und fleißig. Hierbey ein Almanac comparé, den du wohl noch nicht hast.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1793. An Friedrich Heinrich Jacobi. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-98AA-C