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An Bettina Brentano

Man kann sich mit dir, liebe Bettine, in keinen Wettstreit einlassen, du übertriffst die Freunde mit Wort und That, mit Gefälligkeiten und Gaben mit Liebe und Unterhaltung; das muß man sich denn also gefallen lassen und dir dagegen soviel Liebe zusenden als möglich und wenn es auch im Stillen wäre.

Deine Briefe sind mir sehr erfreulich sie erinnern mich an die Zeit wo ich vielleicht so närrisch war wie du, aber gewiß glücklicher und besser als jetzt.

[128] Dein hinzugefügtes Bild ward gleich von jedermann erkannt und gebührend begrüst. Es ist sehr natürlich und kunstreich dabey, ernst und lieblich. Sage dem Künstler etwas freundliches darüber und zugleich: er möge ja fortfahren sich im Radiren nach der Natur zu üben. Das Unmittelbare fühlt sich gleich. Daß er seine Kunstmaximen dabey immer im Auge habe versteht sich von selbst. Ein solches Talent müßte sogar lucrativ werden, es sey nun daß der Künstler in einer großen Stadt wohnte; oder darauf reiste. In Paris hatte man schon etwas ähnliches. Veranlaße ihn doch noch jemand vorzunehmenden ich kenne und schreibe seinen Nahmen. Vielleicht gelingt ihm nicht alles wie das interessante Bettinchen. Fürwahr sie sitzt so traulich und herzlich da, daß man den etwas korpulenten Wintergarten, der übrigens im Bilde recht gut komponirt, seine Stelle beneiden muß. Das zerknillte Blättchen habe sogleich aufgezogen, mit einem braunen Rahmen umstrichen und so steht es vor mir indem ich dies schreibe. Sende ja bald bessere Abdrücke.

Albrecht Dürer wäre ganz glücklich angekommen, wenn man nicht die unselige Vorsicht gehabt hätte seines Papier oben auf zu packen, das denn im Kleide an einigen Stellen gerieben hat, die jetzt restaurirt werden. Die Kopie verdient alle Achtung; sie ist mit großem Fleis und mit einer ernsten, redlichen Absicht verfertigt das Original möglichst wieder zu geben.[129] Sage dem Künstler meinen Danck, dir sage ich ihn täglich wenn ich das Bild erblicke. Ich möchte von diesem Pinsel wohl einmal ein Portrait nach der Natur sehen.

Da ich das Wort Natur abermals niederschreibe; so fühle ich mich gedrungen dir zu sagen: daß du doch dein Naturevangelium das du den Künstlern predigst in etwas bedingen möchtest. Denn wer ließe sich nicht von so einer holden Pythonisse gern in jeden Irrthum führen. Schreibe mir ob dir der Geist sagt was ich meyne. Ich bin am Ende des Blats und bitte dich nur noch durch Übersendung Durantischer und Marcellischer Compositionen abermals lieblich in meinem Hause zu spucken.

W. d. 3. Nov. 1809.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Bettina Brentano. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-99E4-B