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An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

von den herrlichsten Kunstwerken umgeben, eigenen sowohl als den Freunden wie dem Staat gehörigen, fühlen sich freylich zu den höchsten Forderungen berichtigt, indessen wir andern uns schon mit dem begnügen, was en wackerer Künstler geleistet hat.

Ich kann nicht aussprechen, wie angenehm mir diese beiden Bilder sind, die mit so vieler Sorgfalt, Klarheit und Reinlichkeit und mit dem einer guten Kunstschule eignen Geschmack, der wirklich in einer löblichen Disposition, Haltung und Förderung sich manifestirt, gar löblich ausgeführt sind. Danken Sie dem wackern Manne in meinem Namen, denn ich schätze diese Art, die sich von Zingg und Klengel herschreibt, von denen ich gar schöne aquarellirte Zeichnungen aus früherer Zeit besitze.

[173] Achten wir ja diese Art, welche sich mittheilen und lernen läßt, ohne die höheren Forderungen aufzunehmen, welche nur durch höchstbegabte Individuen zu erreichen sind.

Nun, da Sie selbst die Gefälligkeit hatten, die Standpuncte auszusuchen, wo sich die Gegend auf's beste entfaltet und in sich wieder zusammenfügt, so würde es Sie gewiß unterhalten, wenn es möglich wäre, Ihnen auf einem Blatt darzustellen, wie ich mir das liebe Dittersbach, die neugegründete Schönhöhe und das benachbarte Stolpe zusammengedacht; es gäbe ein Bild, das den steilen Darstellungen der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts sich zur Seite stellte. Hier aber ist alles so anmuthig, die Höhen so mäßig, das flächere Land so hübsch bewegt, daß man begreift, wie seit vielen Jahren eine bedeutende Besitzung sich hier gründet und zusammenhalten können, wovon und die topographischen Wörterbücher hinreichend belehren und wozu wir Ihnen von Herzen Glück zu wünschen haben.

Ich mag nun also diese abgebildete Gegend hin und wider in ihrer höchstverständigen, und ich darf wohl sagen, vernünftigen Lage betrachten, so erquickt mich die Hoffnung, daß die liebe Natur auch zur Vernunft gekommen sey und alle jene verrückten fieberhaften Erschütterungen für immer aufgeben habe, damit sowohl die umschauende umsichtige Schönhöhe als das daran sich schließende Wohlhaben für[174] ewige Zeiten gesichert sey und, mitten unter den problematischen Ruinen der Vorzeit, Ihnen und Ihren Nachfahren fest und beruhigt verharren, auch das Reelle, Faßliche, Nützliche, wie es in diesen Bildern vor uns liegt, immerfort unverkümmert zur Freude gedeihen möge.

Soviel für heute, da mir noch gar manches dankbar zu erwidern und mitzutheilen übrig bleibt.

Danckbar verpflichtet

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. December 1831.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Johann Gottlob von Quandt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9A3F-8