31/182.

An August von Goethe

Deine forgesetzten Relationen, mein lieber Sohn, verdienen auf alle Weise den schönsten Dank, deshalb dich auch Gegenwärtiges in Dresden begrüßen soll. Daß es auch gut ergangen, lässest du mich vernehmen, daß ihr guten Eindruck gemacht, davon hab ich Anzeigen, und so seht denn wie ihr mit Freunden und Ehren nach Hause kommt.

Dagegen wüßte ich nichts Bedeutendes zu erwidern. Im Hause geht alles seinen gewohnten Gang und [179] der Knabe mit seinem unruhigen Leben und Wesen gehört auch schon mit in's hergebrachte Ganze.

Wenn der Großherzogin Hoheit den 18. dieses nach Wilhelmsthal geht, so sind wir uns in so weit selbst überlassen. Eine große Ruhe folgt und nur die Verlobung von Mandelsloh und Clementinen veranlaßt eine fröhliche, herzliche Feyerlichkeit. Wie wir Rehbein und seine Braut zu Tische gesehen, so gedenken wir auch diese den nächsten Sonntag einzuladen. Da fehlt nun freylich, außer euch, Adele und Lina und wir müssen die abgeschiedenen Geister durch andere ersetzen.

In Jena war ich auf anderthalb Tage mit Meyern, ohne sonderliche Freude; nächstens muß ich wieder hinüber, denn der atheniensische Pferdekopf ist angekommen, der dir schon gegenwärtig nicht mehr fremd seyn muß.

Thue in Dresden die Augen auf so gut du kannst uns übereile dich nicht, du möchtest so bald nicht wieder hinkommen und hast dort sehr viel zu gewinnen. Die Reise bis dahin hat dich wahrscheinlicher Weise schon mehr gekostet als du dachtest, ich schreibe daher Herrn von Verlohren daß er dir Geld zahle wenn du etwas brauchest. Um Dresden mußt du die Natur beschaulich genießen, in Dresden die Kunstwerke aller Art, die näher beysammen stehen als irgendwo und auf einem echten Grund und Boden. Übereile dich also nicht, damit du einige Jahre hier mit Zufriedenheit [180] verweilen und nichts Versäumtes bereuen mögest.

treulich

Weimar den 14. Juny 1819.

G.


Nachschriftlich

wollte ich also noch Ottilien grüßen und versichern, daß der Kleine allerliebst ist, woraus denn folgt daß er gesund sey. Seine Spiele werden schon mannigfaltiger und seine Aufmerksamkeit getheilter. Noch läßt er sich zerstreuen und auf irgend ein neues Interesse hinleiten; dabei schwatzt er immer fort.

Sodann will ich Ottilien gratuliren daß ihre kleine Person höchsten Orts sehr guten Eindruck gemacht hat; das kommt mir denn von mehreren Seiten zu und die Leute freuen sich doch auch einmal, der seltenen Abwechselung wegen, etwas Günstiges und Angenehmes zu klatschen.

Ferner wird das beiliegende Schopenhauerische Blättchen euch sehr wohl thun, mehr noch wenn ihr sie selbst in Dresden begegnet. Die fatale Nachricht sie betreffend und der deshalb verrückte Reiseplan haben mich selbst verdrossen. Man muß die Menschen aus der Welt scheiden lassen, sie aber in der Welt aus ihren Zuständen gerückt zu sehen ist noch fataler.

Hiedurch veranlaßt mache ich dir es nochmals zur Pflicht, Dresden ruhig zu genießen. Ich habe dort [181] niemand dem ich verpflichtet sey, übrigens manche Wohlwollende; grüße alles und halte dich an Verlohren der am besten weiß was zu thun ist.

G.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1819. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9BBC-6