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An Christian Gottlob Voigt

Rom d. 23. Oktbr. 87.

Gewiß habe ich oft diesen Sommer über nach Briefen von Ihnen verlangt und Nachricht gewünscht wie es in Ilmenau stehen möchte, denn die Entfernung und die Scheidewand so mancher großer Gegenstände kann doch mein Gemüth nicht hindern oft an den gewohnten, geliebten Plätzen zu seyn. Nun hat mich Ihr letzter Brief wieder auf einmal recht in die Mitte meiner Freunde Freuden und Geschäffte gesetzt, ich antworte später, denn diesen Monat habe ich auf dem Lande zugebracht, in vieler Gesellschaft, auf einem der schönsten Plätze des Erdbodens, auf dem Gebirge hinter Rom, wo alles zusammentrifft um es zum eigentlichen Lustort zu machen.

Seit gestern bin ich in der Stadt und eile meine alten Schulden abzutragen.

Zuvörderst kann ich Ihnen nicht genug ausdrucken wie sehr mich die Feyer meines Geburtstags gerührt hat, wie sehr mir das kleine Gedicht willkommen war. Sie würzen eine thätige Freundschaft, jenen Eifer auch statt meiner zu arbeiten und zu sorgen, durch den Ausdruck jener zärteren Empfindungen deren Versichrung uns schon so viel Freude macht wenn sie auch nicht durch That und Würckung begleitet ist.

[273] Da ich so manchen guten und fröhlichen Tag in unsern Geschäften mit Ihnen zugebracht habe; so hätte ich auch von Herzen gern die übeln und sauren Stunden getheilt welche Sie zuletzt in Ilmenau haben durcharbeiten müssen. Die beyden Vorfälle sowohl der niedergegangnen Tonne, als der aufquellenden Wasser waren vorgesehen und nicht ausser der Reihe des Erwarteten. Ich verlange recht sehr zu hören wie Ihre guten und klugen Anstalten alles wieder ins alte Gleis werden gebracht haben. Ich kann nicht ausdrucken wie sehr ich mich wenn ich Ihre Briefe lese wieder auf unsre Gebirge wünsche. Die Zeit wird auch wiederkommen, ich hoffe zu unsrer beyder Freude.

Und nun noch einen Gedancken den ich Hrn. G.[eheim] Ass.[istenz-] R.[ath] Schmidt kommunicirt mit der Bitte darüber mit Ihnen zu sprechen. Ich wünschte daß zu den Ilmenauer Sachen einige junge Leute nachgezogen würden, auf die man in der Folge einen Theil des Geschäfts legen könnte. Es dürften Zeiten kommen wo Sie und ich unsern Gedancken und unsrer Arbeitsamkeit eine andre Richtung zu geben hätten. Wir haben nun Hrn. Riedel in der Cammer, einen andern jungen Mann in der Regierung dessen Nahmen ich mich nicht erinnere, ich kenne den einen wenig, den andern gar nicht, Sie können beyde beurtheilen. Wäre es nicht Sache einen (vielleicht Hrn. Riedel) oder beyde auf irgend eine Weise an das Geschäft sowohl des Bergwercks als der Steuer zu knüpfen, [274] daß wir hoffen könnten wenigstens auf eine Zeit hinaus unsre Grundsätze befolgt und unsre Mühe auch durch andre in derselben Richtung fortgesetzt zu sehen.

Es sollte dieses einer der ersten Vorschläge bey meiner Rückkunft seyn, da ich aber länger aussen bleibe; so wird mirs Freude seyn die Einrichtung auch in meiner Abwesenheit gemacht zu wissen.

Fahren Sie fort mit den Ihrigen meiner zu gedencken. Den Kranz hoffe ich in meinem Gartenhause noch zu finden, Hr. von Knebel schreibt mir daß er dort aufgehangen sey.

Leben Sie recht wohl. Wir haben hier außerordentlich schöne Tage zwey oder drey, dann wieder einige trüb, dann windig, dann stellt sich das schöne Wetter wieder ein. Wahrscheinlich befestigt sich die Jahrszeit daß wir eines frohen Novembers genießen können.

Möge es Ihnen zu Hause wohl gehen, wenn es draussen regnet und schneiet. Erfreuen Sie mich von Zeit zu Zeit mit einem Briefe.

Der Ihrige

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9BE4-A