22/6255.

An die Königl.Stift-Merseburgische Regierung

[Concept.]

[12. (?) Februar. ]

Hochwohlgeborne und Wohlgeborene,
Höchst- und Hochzuverehrende Herren,

Aus Ew. Hochwohl- und Wohlgebor. geneigtem Schreiben vom 5. December haben wir mit besonderem Vergnügen ersehen, daß Hochdieselben unseren Gesinnungen Gerechtigkeit widerfahren lassen und überzeugt sind, nur die äußerste Nothwendigkeit habe uns bewegen können, an eine Veränderung der bisherigen Verhältnisse zu denken, und an den Hauptaufenthalt der Weimarischen Hofschauspieler-Gesellschaft von Lauchstädt nach Halle verlegen, wie es uns denn auch sehr angenehm zu vernehmen gewesen, daß unsere Idee die Woche 2 mal in Lauchstädt spielen zu lassen, Rücksicht gefunden, da man sich wegen der zu bestimmenden Tage wohl hätte vereinigen können.

Dagegen haben wir mit einigem Bedauern bemerkt, daß Hochdieselben das Schreiben des Beamten zu Lauchstädt vom 23. October vorigen Jahres und die darin enthaltenen Bedingungspuncte wieder in Anregung gebracht, da doch dieselben von der Art sind, daß sie der gegenwärtigen Einleitung des Geschäftes eine ganz andere Wendung geben. Denn wenn erstlich eine genauere Bestimmung der Zeit zur [263] Eröffnung und Schließung der Bühne verlangt wird, so daß erstere wenigstens in den ersten 8. Tagen des Monats Juni und letztere allererst in den letzten 14. Tagen des Monats August statt fände, so ist man dießseits außer stand dergleichen Termine festzusetzen, sowohl, weil sich nicht voraussehen läßt welche Hindernisse vorfallen können die eine spätere Absendung von Weimar, und eine frühere Zurückberufung der Gesellschaft nöthig machen, als auch weil unsere neuere Verbindung mit Halle uns nicht völlig freye Hand läßt, nach eigenen Wünschen in diesen Stücke gefällig seyn.

Was den zweyten Punct betrifft, daß nämlich die Preise der Plätze im Schauspielhause herabgesetzt werden möchten; so ist man auch hierin zu willfahren außer Stande. Den wenn man von einer Seite den großen Kostenaufwand erwägt, welchen die Reise und der auswärtige Aufenthalt der Gesellschaft jedesmal verursacht, von der andern Seite hingegen die Abnahme der Badegäste in Lauchstädt und die geringere Theilnahme der umliegenden Orte bedenckt, so läßt sich, nach Anlaß der schon gemachten Erfahrung, mit ziemlicher Gewißheit voraussehen, daß bey Verminderung der Preise, der schon erlittene Schade durch einen künftigen noch möchte übertroffen werden.

Wäre nun auch der 3. Punct, was den Vertrieb der Erfrischungen im Schauspielhause betrifft, eher zu erledigen, so würde doch der 4. [264] daß der Gesellschaft während ihres Lauchstädter Aufenthalts die Aufführung theatralischer Vorstellungen in der Nähe zu verbieten sey, bey den gegenwärtigen Umständen und der veränderten Lage der Dinge nicht auszuführen seyn.

Wir sehen uns daher nicht in geringe Verlegenheit gesetzt und haben nach mehrmaliger Betrachtung der Sache Ew. Hochwohl- und Wohlgebor. folgende Vorschläge zu thun, beyden Theilen für das räthlichste gefunden.

Wir würden nämlich von dem Gesuche einer gnädigsten Concession für die Weimarische Hofschauspieler Gesellschaft allenfalls vorerst abstehen, und es sogar mit Dank erkennen, wenn Hochdieselben irgend eine andere Schauspieler-Gesellschaft an den Ort berufen und ihr die Erlaubniß daselbst zu spielen ertheilen wollten. Wir würden derselben gern das von und erbaute Schauspielhaus um einen billigen Preis pacht-oder miethweise überlassen, und uns um so mehr damit begnügen, als eine solche Gesellschaft theils mit wenigeren Kosten in die Unternehmung eingehen, theils auch ihre Neuheit das Publicum zu fleißigem Besuch anreizen könnte.

Sollte jedoch ein solches Arrangement Ew. Hochwohl- und Wohlgeb. Nicht conveniren, oder wegen verschiedener Zufälligkeiten nicht zustande kommen, so sind wir vorerst nicht abgeneigt, auch ohne förmliche Concession, von Zeit zu Zeit in Lauchstädt einige Vorstellung [265] zu geben, um dadurch zu zeigen wie angelegen es uns sey auf jede Weise das frühere Verhältniß nicht völlig zu trennen, sondern in einer solchen Verbindung zu beharren welche nach Zeit und Umständen sich wohl auch wieder fester knüpfen ließe.

Die wir pp.

Weimar den 26. Januar 1812.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An die Königl.Stift-Merseburgische Regierung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C33-1