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An Christiane von Goethe

Es war mir sehr angenehm zu erfahren daß meine kleine Sendung, durch Herrn v. Helldorf und mein Brief bey dir wohl angekommen, und ich will nicht zaudern auf dein letzteres freundlich zu erwiedern.

Ich habe mich seit der Zeit nicht so gut wie im Anfang aufgeführt und ich bin von einigen Übeln angegriffen worden, von denen mich aber Starcke glücklich befreyt hat, der eben angekommen war; nun ist alles wieder in Ordnung und ich befinde mich recht schön. Eigentlich war ich selbst Schuld an meinem Unfall. Ich hatte aufgehört zu trincken und wollte nun gleich anfangen zu arbeiten, welches nicht ganz klug war. Starcke selbst befindet sich abwechselnd und ich will noch einige Zeit hier zusehen und dann nach Töplitz zum Herzog gehen. Starcke räth mir die dortigen Bäder und das Eger Wasser. Von diesem [357] will ich noch ein paar Kisten nach Weimar schicken, wovon ich mir Eine aufzuheben bitte.

Zelter war acht Tage hier, seine Gegenwart hat mir viel Freude gemacht, ich treffe ihn wieder in Töplitz. Auch ist Geh. Rath Wolf noch bey uns, wodurch wir denn auch auf mancherley Weise erfreut und gefördert werden.

Von Bettinen hab ich einen Brief ohne Ort und Datum; sie ist aber in Böhmen, etwa eine Tagreise von hier, kommt aber nicht und schreibt;: wenn ich nach Hause käme würde ich entweder sie selbst oder einen langen Brief finden. Ich glaube das letzte, schwerlich lassen ihre Verwandte sie aus den Händen.

Fr. v. Eibenberg ist angekommen. Bey der großen Noth um Quartiere hab ich ihr das meinige abgetreten und bin eine Treppe höher gezogen. So führen wir denn ein ganz freundliches Leben zusammen. Doch aufrichtig gesprochen, so will es nicht mehr mit uns fort wie sonst, sie ist ganz unendlich politisch und auf eine Weise daß wir nicht eben zusammen stimmen. Da schweigt man denn lieber und bey Ermanglung anderer Interesses wird die Unterhaltung ein wenig lahm.

Ich freue mich dich wieder zu sehen um einmal wieder ganz offen mich mittheilen und ausreden zu können.

Riemer ist recht brav und geht mir in allem zur Hand; auch ist er überall geschätzt und wohl aufgenommen. [358] Es hinge nur von ihm ab sich weiter zu verarbeiten. Er leistet mir aber sehr freundlich Gesellschaft und so steht alles sehr gut. Wir essen zu Hause und ich sehe seit den letzten vierzehn Tagen wenig Gesellschaft. Auch Fr. v. Eibenberg hat eine Societät in die ich nicht komme und so leb ich auf meine gewöhnliche Art ziemlich eingezogen.

Daß Lauchstedt sich bevölckert dazu wünsche ich dir Glück. Lasse dir Cur und Zerstreuung wohlbekommen. Herrn Müller sey freundlich und versichre ihn meiner besten Neigung. Es wird mich sehr glücklich machen wenn er mit mir überzeugt ist: daß es gar nicht nötig ist sich immer zu ärgern in einer Sache die eigentlich zum Vergnügen gereichen soll.

Halte deshalb zu allen Gliedern des Theaters ein gutes Verhältniß, in so fern es nur möglich seyn will. Grüße Genasten, er wird sich nach seiner Art wohl durchhelfen. Freylich spürt man in solchen Fällen, was Unentschlossenheit und allerley Nebenrücksichten für Schaden bringen. Mögen sie's doch in ihrer Kasse fühlen.

Lebe recht wohl. Schreibe mir von nun an nach Töplitz in den drey Äpfeln. Unterhaltet euch gut mit alten und neuen Verehrern. Karolinchen viel Grüße. Von August habe ich einen Brief.

Carlsbad d. 22. Jul 1810.

G. [359]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9CBC-D