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An August von Goethe

Hierdurch vermelde, mein lieber Sohn, daß dein Schreiben vom 12. sowie die vorhergehenden, auch die Sendung durch Haide glücklich angekommen. Wegen Sachsens Abgang wäre es wohl schicklich, daß du den Herrn Staatsminister von Fritsch besuchtest und sagtest: daß bey Sachsens Abreise alles sey angeordnet worden, daß seine Abwesenheit im Geschäft [94] nicht fühlbar wäre, und so könne es denn auch bis zu meiner Rückkunft fortgehen, da ich denn nach genauer Überlegung meine unterthänigsten Vorschläge einzureichen nicht ermangeln würde. Diesen Inhalt magst du auf gut maurerisch verzieren und dem sehr ehrwürdigen Meister geziemend vortragen.

Graf Sternberg ist nun schon mehrere tage hier; seine Gegenwart verleiht die schönste Unterhaltung und meine Übersicht über Böhmen erweitert sich von Tag zu Tag.

Morgen schließt sich meine vierte Woche; den 24. denke ich nach Eger zu gehen und den Grafen auf seiner Durchreise nach München, Anfangs August, zu begrüßen. Sodann hörst de das Weitere von mir. Sende nach Empfang des Gegenwärtigen deine Briefe an Herrn Polizeyrath Grüner, so erhalte ich sie zur rechten Zeit. Ich wünsche die guten Humor zu dem einsamen Leben, es ist auch einmal gut. Sachsens Untergang (denn so darf man es wohl nennen) ist merkwürdig genug; er hat als Vagabund zu Fuße angefangen und endigt als Vagabund im Einspänner. Eigentlich habe ich ihn durch Herausgabe seiner Lebensgeschichte tot geschlagen; er wußte nicht wo er mit dem wenigen Geld hinsollte.

Was von Briefen und Packeten ankommt lege auch ferner bey dir nieder. Und melde tabellarisch wie bisher.

Mein Befinden ist gar löblich; das hiesige Wasser bey der großen Trockniß hat weit mehr Gehalt und[95] sogar einen andern Geschmack als sonst, ich wollte, der Großherzog hätte es über sich vermocht und wäre hierher gekommen, in seinen Zuständen hätte es ihm gewiß genutzt. Frau Gräfin Henckel werde von Eger aus wenigstens schriftlich begrüßen. Empfiehl mich überall, grüße alles. Dießmal, denke ich, werden wir bald zusammen seyn, ich sehne mich nach der gewohnten Arbeit. Mit dem besten Lebewohl.

M. B. den 16. Juli 1822.

G.

Unserm Rehbein tausend Grüße!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1822. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9D04-3