1823, 24. September.
Mit Friedrich von Müller
und Friedrich Wilhelm Karl Umbreit
Um 1 Uhr führte ich Professor Umbreit zu Goethe. Fast eine Stunde lang war er freundlich, mild und aufgeschlossen, indem er viele der Heidelberger Lehrer und den Zustand der Naturwissenschaften, Philologie etc. die Revue passiren ließ. Paulus Tochter, Frau von Schlegel, habe eigentlich einen sehr guten Charakter, äußerte er mit Wärme, ihr Eigensinn sei nur unentwickelter Charakter, den die Eltern nicht verstanden hätten aus sich herauszuführen, in andere hinüber, zu Verarbeitung ihrer Kraft zu leiten.
Den Diwan werde er nur innerlich, d.h. insofern fortsetzen, daß er einzelne Bücher, z.B. das des Paradieses, erweitere und verstärke. Bei den ungeheuren[272] Schwierigkeiten des Erlernens dieser arabischen Sprache habe er seine Kenntniß von ihr mehr erobert durch Überfall, als regelmäßig erworben. Weiter dürfe er jetzt nicht mehr gehen, ohne verführt zu werden. Wenn er zuweilen noch in dieses Land, in diese Zustände hineinschaue, so werde ihm ganz wunderlich zu Muthe. Umbreit benahm sich vortrefflich, lebendig, ohne alle Verlegenheit und doch bescheiden. Wegscheider's Dogmatik und Kapp's Christus und Sokrates tobte er sehr. Goethe bemerkte, es sei doch in wissenschaftlicher Hinsicht eine höchst interessante Zeit, in der wir lebten, Alles habe sich unglaublich umgestaltet und aufgehellt, und eine Freude sei es zu sehen, wie jedes Fach so viel würdiger behandelt werde. Dies sei zunächst Verdienst der Philosophie, die, trotz der vielen abgeschmackten Systeme, Alles mit neuer Lebenskraft durchdrungen habe. Umbreit ging hochentzückt hinweg.
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