1791, 4. November.


Im Weimarer Gelehrten-Verein

Die Ordnung der heutigen Sitzung war folgende. Der Präsident der Gesellschaft, der Geheimerath von Goethe, eröffnet sie mit fortgesetzten Betrachtungen über das Farbenprisma. Er wiederholte erst ganz kurz die Resultate dessen, was er im ersten Hefte seiner »Beiträge zur Optik« weitläufiger und durch 24 kleine illuminirte Kupfertäfelchen, die dazu ausgegeben werden, veranschaulicht hat.

Die Hauptsätze demonstrirte er an einer schwarzen Tafel, wo er die Figuren schon vorher angezeichnet hatte, so lichtvoll vor, daß es ein Kind hätte begreifen können. Goethe ist ebenso groß als scharfsinniger Demonstrator an der Tafel, als er's als Dichter, Schauspiel- und Opern-Director, Naturforscher und Schriftsteller ist. Er erklärte sich hier im kleinen Zirkel geradezu gegen Newton's Farbentheorie, die durch seine Versuche [128] ganz umgeworfen wird, und zeigte zugleich an diesem Irrthum des großen Newton, dem nun ein Jahrhundert lang alles nachgebetet hat, sehr schön, wie Nachbeterei auch unter guten Köpfen so tief Wurzel schlagen könne.

[129]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1791. 1791, 4. November. Im Weimarer Gelehrten-Verein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A443-2