1815, 10. September.
Mit Sulpiz Boisserée
Sonntag den 10. abends bei Goethe. Feuerwerk in der Schwimmschule auf dem Main. Meine erste Kunstliebhaberei war Rubens in der Düsseldorfer Gallerie. Ich lese den Ardinghello. Gespräch über Heinse; Zügellosigkeit des Genies; über Stil; Wieland gerühmt. Ich äußere wieder den Wunsch, den Winter in Weimar zuzubringen, um mir bei meinen schriftstellerischen Versuchen Rath zu holen. Er räth abermals ab. Seine Heiden machen es ihm, der er doch selbst ein Heide sei, oft zu arg; das sei nichts für mich; ich würde bloß auf ihn reducirt sein, das sei zu wenig, weil er mich nicht oft genug in freier, vertraulicher Ruhe sehen könne. Er zeigt mir das Werklein, es ist schon fingerdick angewachsen, er hat dem Herzog [228] schon davon geschrieben. Ich frage nach dem Titel, ob: Von Kunst und Bildung am Rhein; er meint: Von Kunst und Alterthum im südwestlichen Deutschland! Ich will gern den Rhein genannt haben, es ist bezeichnender, charakteristischer. Ja, meint er, da müsse auch der Meyer [Main?] nicht vergessen werden u.s.w. Er wünscht noch Zusätze zu meinem Entwurf. Goethe sagt, er habe sich oft gefragt, warum er sich mit so vielerlei Dingen abgegeben? Habe doch so entschiedene Anlage und Neigung zum Dichten, warum er nicht allein dabei geblieben? warum er sich auch in die Wissenschaften gewagt, und es ihm keine Ruhe gelassen, selbst in Italien nicht. Ich meinte, er habe seinem Zeitalter die Schuld und Buße bezahlen müssen; er stimmt ein.
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