1815, 8. October.
Mit Sulpiz Boisserée
Sonntag morgens fuhren wir von Neckarelz die Höhe hinauf. Kalkgebirge. Goethe erkannte die fränkische [256] Mainregion daran. Der Bediente fand Versteinerungen und Ammonshörner. Wir begegneten zwischen Oberschaflenz und Buchen dem Maler Jagemann, der zu seiner Schwester nach Mannheim reiste; er sagte, der junge Bertuch sei krank und von den Ärzten aufgegeben.
Noth, die der Herzog mit der Familie Jagemann hat. Die Schwester derselben, Frau von Dankelmann, mit ihren Kindern ist ihm auch auf dem Hals. Den Dankelmann hat man in Eisenach einsperren müssen. Nun hat der Herzog, außer seinen eigenen Kindern, zugleich noch für diese zu sorgen, im Ganzen für acht. Gutes Benehmen des herzoglichen Hauses gegen die Jagemann und diese Kinder. Der Erbprinz besucht sie und spielt mit diesen kleinen Geschwistern. Doch ist die unvermeidliche Spannung eines solchen Verhältnisses fühlbar. Großfürstin Maria; Lob derselben; edle Weise sich zu beschäftigen. Goethe steht sehr gut mit ihr; Meyer ist ihr Vertrauter. Sie hat ihre Freude an der Kunst; ist sehr zart, nicht glücklich.
Die Großfürstin Catharina ist ganz anders; durchaus politisch in Allem. Sie sagte in Wiesbaden noch: die Kunst mache ihr keinen Eindruck, hätte kein Interesse für sie; am meisten noch die Architektur, weil man da eine Menge Menschen beschäftigen, und dem Staat Glanz und Würde geben könne. In Buchen begegneten wir Herrn v. Türk von Yverdun mit Familie und mehreren Kindern, wahrscheinlich auch Zöglingen, einen [257] ganzen Schweizer Postwagen voll, neun oder zehn Personen. Er hatte in der Schweiz ein Erziehungshaus und wird nun von Preußen als Oberschulrath nach Frankfurt a. d. O. berufen.
Goethes Klagelieder über das heutige Erziehungswesen. Versuchen, Tasten und Wandern nach der wahren Erziehungsart! Liebesgeschichten wechselseitig. Deutsche mögen gern die naiven, ruhigen, nicht die leidenschaftlichen Frauen. In Hardtheim Mittagessen. Ein junges, frisches Mädchen bedient uns, ist nicht schön, hat aber verliebte Augen. Der Alte sieht sie immer an. Kuß. – Abends im Dunkel nach Würzburg. Im Pfälzischen Hof Verwirrung mit der Türk'schen Familie; man sondert uns wieder von ihr. Große gewaltige Räume, wie eine Abtei. Es ist das alte Schönborn'sche Haus.
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