a.

1813, wo ich den ganzen Abend in seinem [Goethes] Hause blieb, mußte ich ihm sehr viel von den Kriegen in Rußland, Deutschland und Frankreich erzählen, und [332] er erkundigte sich dabei auf das Genaueste nach vielen einzelnen Begebenheiten und besonders auch nach verschiedenen Persönlichkeiten in unserem preußischen Heere, die er früher gekannt hatte. Ganz merkwürdig war mir dabei sein seltenes Gedächtniß, womit er sich noch oft selbst der unbedeutendsten Kleinigkeiten aus der Campagne von 1792 und der Namen von Hunderten von Offizieren und anderen Persönlichkeiten, mit denen er damals in Berührung gekommen war, zu erinnern wußte. So hatte ich damals z.B. einen Kanonier Namens Muhsmann, so einen rechten Pommer, grob, etwas faul und ungemein freßlustig, aber auch treu, zuverlässig, muthig und von großer Körperkraft, zum Burschen gehabt. Dieser hatte Goethe oft ganze Strecken huckepack getragen, wenn letzterer zum Herzog von Weimar oder anderen hohen Herrschaften befohlen war und in den Dörfern in Frankreich die Wege so furchtbar schmutzig waren, daß man sie gar nicht zu Fuß passiren konnte, ohne sich auf das Ärgste zu beschmutzen. Goethe erinnerte sich dieses Umstandes noch mit vielem Vergnügen und frug mich, wo dieser starke Kanonier Muhsmann, auf dessen Schultern er damals so oft geritten hätte, jetzt sei. Als ich ihm sagte, daß derselbe sich 1806 bei Lübeck sehr ausgezeichnet, dabei aber ein Bein verloren habe, und jetzt, soviel ich wisse, in ärmlichen Verhältnissen als Nachtwächter in Belgard lebe, trug er mir, wenn ich ihn sehen sollte, viele Grüße an ihn auf und gab mir dann auch einen doppelten Friedrichsd'or, [333] um ihm diesen in seinem Namen zu schenken oder ihn, wenn er etwa inzwischen schon gestorben, seiner hinterlassenen Familie einzuhändigen. Der alte Muhsmann lebte noch, als ich im Winter von 1814-1815 nach Belgard kam und freute sich über dies Geschenk von Goethe sehr.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1813. 1813, gegen Mitte December.: Mit einem preußischen Artillerieoffizier. 1. a.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A7B4-8