1828, 16. Mai.


Mit Friedrich Soret

Mit Goethe spazieren gefahren. Er amusirte sich an der Erinnerung seiner Streitigkeiten mit Kotzebue und Konsorten und recitirte einige sehr lustige Epigramme gegen den ersteren, die übrigens mehr spaßhaft als verletzend waren. Ich fragte ihn, warum er sie nicht in seine Werke aufgenommen. »Ich habe eine ganze Sammlung solcher Gedichtchen,« erwiederte Goethe, »die ich geheimhalte und nur gelegentlich den vertrautesten meiner Freunde zeige. Es war dies die einzige unschuldige Waffe, die mir gegen die Angriffe meiner Feinde zu Gebote stand. Ich machte mir dadurch im stillen Luft und befreite und reinigte mich dadurch von dem fatalen Gefühl des Mißwollens, das [299] ich sonst gegen die öffentlichen und oft boshaften Häkeleien meiner Gegner hätte empfinden und nähren müssen. Durch jene Gedichtchen habe ich mir also persönlich einen wesentlichen Dienst geleistet. Aber ich will nicht das Publicum mit meinen Privathändeln beschäftigen oder noch lebende Personen dadurch verletzen. In späterer Zeit jedoch wird sich davon dies oder jenes ganz ohne Bedenken mittheilen lassen.«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1828. 1828, 16. Mai. Mit Friedrich Soret. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A804-A