[5r]

Aus obenstehendem Schreiben werden meine hochzuverehrenden Hrn Collegen sehen, daß vor
der Hand gegen die Zulassung des Hrn Dr. Schopenhauer, auch gegen seine Aufnahme in
den Lectionskatalog, von Seiten des Hrn Bevollmächtigten nichts eingewandt wird. Es bleibt
demnach uns noch zu entscheiden, ob die Facultät die Aufnahme der Vorlesungen des
Hrn. S. in den Katalog gestatten will oder nicht. Ein Gesetz steht dieser Aufnahme nicht ent-
gegen; die Billigkeit ist für dieselbe, nicht minder die allgemeine Observanz; Mißbrauch kann
davon nicht gemacht werden, da Hr S. doch nur dann erst anfangen darf zu lesen, wenn
er habilitiert ist: und gegen das vorgesetzte Ministerium kommen wir außer alle Verant-
wortung, wenn bei Einsendung des Kataloges bemerkt wir, die Facultät habe Hrn S.
[5v]die Einrückung in den Katalog aus billiger Rücksicht gestattet, ehe er habilitirt sei, unter
der Voraussetzung, daß er sich vor Anfang seiner Vorlesungen habilitire, worauf
wir Acht haben würden, und in Hoffnung auf die Genehmigung des Ministeriums.

Schriftlich abzustimmen ist freilich nicht gesetzmäßig; aber zu einer Sitzung ist der
Gegenstand wieder zu geringfügig, wenn sie vermieden werden kann. Dies ist nun wol
dann der Fall, wenn Unanimia da sind; denn alsdann ist die Sache von der Art,
daß mündliche Deliberation unnöthig ist, weil keiner den andern mündlich eines
Bessern belehren kann, wo alle schlechthin übereinstimmen. Ich ersuche Sie daher er-
gebenst, schriftlich und ohne nähere Bestimmungen zu erklären, ob Sie der oben auf-
gestellten Ansicht und meiner Meinung über die Aufnahme des Hrn S. in den Katalog
beistimmen oder nicht. Hat irgend einer der Hrn Collegen von irgend einer Seite
dagegen ein Bedenken, so werde ich dann freilich genöthigt sein, Sie zu einer Sitzung
zu bemühen, um die Sache zur Deliberation und mündlichen Abstimmung zu bringen.

Der Decan der philos. Fac.
Böckh

Ich stimme bei.

Lichtenstein

-

Hirt

Ich habe nichts dagegen, daß auch schriftlich per plurima entschieden werde,
stimme aber nach meinem letzten Votum dagegen.

Weiss
v Raumer

Ich halte es nicht angemessen daß jemand im Lections Cat
s. Vorlesungen anzeige dem sie noch nicht erlaubt sind.

Tralles

Ich stimme dem Antrage des Herrn Decan bey

Hegel

Ich stimme dem Hrn Decan bei

Erman

Ich desgleichen --

Hermbstaedt.

-

Wilken

Obiger Abstimmung zufolge sind für meinen Antrag sieben Stimmen (die meine einge-
rechnet) und drei dagegen; da ich aber die schriftliche Abstimmung nur dann als gesetzmäßig
gelten lassen kann, wenn die dissentierenden Hrn Mitglieder mit ihrem Ergebniß zufrieden sind,
so ersuche ich Hr. Tralles und v. Raumer ergebenst, zu erklären, ob sie sich der Maiorität
unterwerfen wollen, oder eine Sitzung verlangen. Hr Weiss hat, wie aus seiner Erklärung
erhellt, sich schon erklärt, daß er auch bei schriftlicher Abstimmung die Entscheidung durch
Stimmenmehrheit anerkenne; auch wird eine Sitzung dasselbe Resultat geben.

Böckh

Wahrscheinlich würde eine Sitzung das Dafürhalten der Mehrheit
bestätigen, u ist daher vorläufig1 unnöthig

Tralles

Ich habe mich schon sehr gern der schriftl. Mehrheit unterworfen

v Raumer.

Unter dem 312. Febr. ist Magnifico bekannt gemacht, daß die Fac. pp. genehmigt hat,
Hrn Schop. in das Verzeichniss der Vorlesungen aufzunehmen; doch solle das Verhältniß
desselben in dem Bericht über den Lectionskatalog ans Ministerium hervorgehoben werden,
damit das letztere die Maßregel entweder genehmigen oder verwerfen möge.

Böckh.
vorläufig]
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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. [16. Januar -] 3. Februar 1820. Philosophische Fakultät, Habilitation Schopenhauers (Zirkular). Z_1820-02-03_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001B-FB74-6