[40r]

Eure Excellenz hatten die Gnade, als ich vor ei-
nigen Monaten mündlich erwähnte, daß der
H. Dr. von Henning mit des H. Professor Hegel
und meiner Beyhülfe sich vorbereitete, in künf-
tigem Semester über die Farbenlehre nach
Goethes Theorie Vorlesungen zu halten, nicht
nur dieses Vorhaben zu billigen, sondern auch
in Rücksicht des dazu erforderlichen Apparats
demselben Hochdero geneigte Unterstützung
zuzusichern.

Die Vorbereitungen zu dieser Absicht sind
im Laufe des Winters sorgfältig getroffen
worden, und Herr von Goethe selbst hat die
Güte gehabt, sich derselben auf alle Weise
gefällig und hilfreich zu bezeigen.

In den abschriftlichen Anlagen1 erlaube ich
mir (Ew.)Eurer Excellenz die Bedürfniße des zu
diesen Vorlesungen erforderlichen Apparats
nach der Angabe des Herrn von Goethe ganz
gehorsamst vor Augen zu legen; es sind solche
durchaus so einfach wie die Lehre, deren Vortrag
beabsichtiget wird, es selbst ist, und der
[40v]zur Anschaffung dieses Apparats erforderliche
Aufwand kann nur sehr geringe seyn. Unter
verhofter Hoher Genehmigung habe ich daher den
H. von Henning aufgefordert, die möglichst spar-
same Beschaffung dieser Gegenstände für Rech-
nung des zu errichtenden physicalischen Instituts
der Universität sogleich zu bestellen, damit das
Nöthigste bey Eröffnung der Vorlesungen
vorhanden sey. Und da (Ew.)Eure Excellenz bereits
zu genehmigen geruht haben, daß diese Vor-
lesungen in einem der Zimmer stattfinden
dürfen, welche von der bisherigen Wohnung
des H. Professor Tralles für das physicalische
Institut bestimmt sind, so bitte ich zugleich ganz
gehorsamst um Erlaubniß, dasselbe mit der
nöthigen Vorkehrung behufs der Verfinste-
rung versehen lassen zu dürfen.

Nur ein Instrument, welches vom Herrn von
Goethe
nicht verzeichnet worden ist und zu op-
tischen Versuchen nicht füglich entbehrt werden
kann, erfordert einen größeren Kosten-
Aufwand, nemlich der Heliostat. Ein solches
Instrument, welches dem physicalischen Institute
nicht nur für diesen Zweck, sondern für alle
möglichen Versuche, bey welchen es auf die
[41r]Wirkung des Sonnenlichts ankommt, unentbehr-
lich ist, dürfte nach der Berechnung des H. (Geh.)Geheimen
Postrath Pistor, je nachdem solches nach der ein-
facheren Youngschen Angabe, oder vollkommener,
jedoch complicirter, nach Gravesand angefertigt
wird, 250 bis 400 (rh)Reichsthaler kosten. Da das hiesige
physicalische Cabinet nach (Ew.)Eurer Excellenz Hohen
Absicht mit den besten Instrumenten jeder
Art versehen werden soll, so dürfte der
Heliostat für dasselbe gleichfalls die größt-
möglichste Volkommenheit erhalten müßen,
und trage ich daher ganz gehorsamst darauf
an, ein solches Instrument nach Gravesand
bestellen zu dürfen. Der (Geh.)Geheime Postrath Pistor
verspricht solches aus seiner Werkstätte binnen
3 bis 4 Wochen zu liefern, und wünscht dadurch
eine Probe der den englischen Arbeiten nicht
nachstehenden Vortreflichkeit der Arbeiten seiner
Werkstätte ablegen zu können.

(Ew.)Eure Excellenz bitte ich dieserhalb um bald-
geneigte Hohe Resolution, da binnen spätestens
6 Wochen der Anfang des neuen Semesters
bevorsteht.

Berlin den 19ten Februar 1822.
Schultz
An
des Königlichen Geheimen Staats Ministers
Herrn Freyherrn von Altenstein
Excellenz.
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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 19. Februar 1822. C. L. F. Schultz an Altenstein (Ausfertigung). Z_1822-02-19_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-16EA-2