Paulina
Novelle. (Bertha Diener zugeeignet.)

»– – – Doch eure Liebe liegt noch schwer wie Blei am Wege zum Reiche, das da kommen wird.«

Peter Altenberg

Herbst

Madame ist die Genossin ihrer Stiefsöhne. Zum Beispiel sagt sie: »Edmond, dis lui que – – –«. »Paul, mais tu ne l'écouteras pas, j'espère – –.«

Die Söhne fühlten: »Unsere schöne Mama« und »Jugend hält einmal zusammen.«

Einmal borgte sich der Vater den Überrock seines Sohnes aus.

»Il faut que je fouille ses poches« dachte Madame, »es könnte etwas Compromittirendes darin sein, dann gebe ich es Edmond zurück – – –.«

Immer sagte sie von ihrem Gatten: »mon vieux«. Manchesmal sogar »mon pauvre vieux.«

»Wie verbringen Sie die Abende?!« sagte man zu ihr.

Man wollte sagen: »Fade muss es sein –.«

»Oh, es ist sehr lieb. Ich spiele Karten mit ihm und betrüge ihn, je triche. Edmond giebt mir sogar Zeichen. Oder wir rauchen ruhig, mit gekreuzten [166] Beinen, Einer neben dem Anderen. Oder wir trinken Malaga und schläfern uns ein, machen uns schwer, dumm – – –. Oder Paulina spielt uns ein Violin-Stückchen vor. Übrigens, wen interessirt es, wie wir leben?!«

»Niemand weiss mehr, dass ich feine weisse Hände habe – – –« fühlte sie manchesmal, »und goldene Haare. Ja doch, man sagt es mir vor meinen Stieftöchtern, um dieselben in Aufregung zu bringen. Aber sie haben selbst weisse Hände und die Jugend. Eh, was kaufen sie sich dafür?! Amüsante Damen sind es. Leben bringen sie!? Wie auf Krücken humpeln ihre Seelen. Aber haben sie denn welche?!«

Man glaubte von dieser Dame, ihr Leben müsse etwas sein für einen Maupassant, Paul Bourget, die Gelehrten der Seele.

Niemand erfährt Etwas. Vielleicht ist es »Schönheit umsonst«. Ja, das dürfte es sein. So sprechen es die goldenen Haare aus, welche gleichsam an den Schläfen beben, so sprechen es die weissen Finger, welche Niemand mehr beachtet. Sie besass jedesfalls »überschüssige Freiheit«, eine innere göttliche Freiheit, Ewas wie Morgenwind und Morgenröthe. Etwas, was diesem Herrscher »Leben« einfach trotzte. Später aber verlöschte es, ging unter, ertrank. Manchesmal betrachtete sie ihr Töchterchen Paulina, welches bleich war und sie dachte: »Ich glaube, wir haben ihr zu wenig Feuer mitgegeben – –.«

»Woher kommen die Kinder?!« sagte einmal [167] Paulina zu ihr, das in sich gekehrte Kind, das bleiche, bedenkliche.

»Der Vater und die Mutter küssen sich und küssen sich und küssen sich, dadurch wird das Kind – –« erwiderte Madame und blickte in die Ferne.

So erhielt Paulina mit neun Jahren das süsse Mysterium der Liebe, der Freundschaft und des Lebens!

»So erzieht man Menschen – –« sagte Madame, »und basta! Man braucht mir nichts darein zu reden. Ich liebe die Freiheit.«

Die Stieftöchter, welche humpelnde Seelen hatten, rissen dem Vater gleichsam das Geld aus der Tasche, für Gouvernanten, Reisen und gelbe Schuhe. Sie dachten: »Wen brauchen wir zu schonen?! Madame ist verrückt, elend erzogen, nun ja, woher stammt sie?! Sprechen wir lieber nicht darüber. Schöne Haare hat sie, das ist Alles. Paulina geht bereits einen falschen Weg – – –. Man sollte sie in ein Institut stecken.«

Paulina fühlte: »Ich habe eine Mama, auf welche kein Verlass ist. Ich muss mich selbst durchdenken. Dennoch liebe ich sie mit meiner ganzen Seele, ob zwar sie nicht mein Vorbild ist.«

Der Vater hatte Sorgen, denn er fühlte sein Alter und die junge Welt, mit der er sich umgeben hatte. Wie herbe Frühlingsstürme war es manchesmal. Jeder hatte geheime Absichten, wollte durchtreten –.

»Diese leichtsinnige Jugend zerfetzt mich, sie [168] hat Zeit und will den Tag leben. Wenn nur Paulina eine Violin-Künstlerin würde! Das würde die Freude meines Alters sein.«

Dann trank er, wurde schwer und sagte: »Man müsste in einem gewissen Alter den Roman seines Lebens schreiben, ein zweites künstliches Leben auf das Papier hinträumen, es wäre ein Meisterwerk, es würde wirken wie eine Verjüngungs-Cur; zum Beispiel den Krieg 1858, die Beschiessung von Odessa; wie heute Sehe ich es; und meinen Onkel, von dessen Haus man sagte: »Wir gehen zu Hofe, à la cour«. Mein Onkel setzte sich an's Klavier und spielte »die Befreiung aus der Knechtschaft«. Und Alle mussten weinen. Oh, welche Tage waren es! Aladine, höre zu – – – Aladine!«

»J'écoute« sagte Madame und blickte in die Ecken des Zimmers, in welchen sich momentan nichts Markantes ereignete.

»Können Sie stenographiren?!« sagte monsieur zu einem tuberkulosen jungen Manne, welcher Madame verehrte und überhaupt das ganze Haus.

»Nein, mein Herr.«

»Lernen Sie es, ich diktire Ihnen dann den Roman meines Lebens. Wir beginnen mit 1858, die Geschichte, betrachtet von dem Gehirne eines Getreide-Spekulanten aus, verstehen Sie mich?!«

Er ging bereits gleichsam im Geiste mit langen Schritten im Zimmer auf und ab, wie Alexander Dumas, Walter Scott –.

Der junge Mann dachte: »Wirklich, Künstler [169] werden heisst, mit sich fertig sein, zurückblicken können, hineinblicken in eine Hülse, aus der man geschlüpft ist. Alter und Wein bewirken vielleicht diese Steigerung zum zweiten Leben. Aber Madame ist noch das erste Leben, sie ist noch nicht herausgeschlüpft! Und Paulina?! Wie lieb sie ist, wie bleich! Sie ist wirklich wie eine kranke Blume.«

Schliesslich, im Laufe der Tage kamen Alle überein: »Monsieur ist alt, er ist da zum Geldgeben. Er ist der Stamm, die Wurzel von uns Blüthen, wir saugen ihn an. So ist es in der Natur einmal.«

Er hielt es selbst für das Naturgemässe.

»Wie lange wird man mich anzapfen?!« dachte er, »ich bin nicht mehr ganz gesund.«

»Gieb zweihundert Kronen her, Papa« sagten die Töchter.

»Wozu braucht Ihr es?!«

»Aladine hat es auch bekommen, bitte –.«

»Aladine ist meine Frau – – –.«

»Deine Frau, nun gut, deine Frau. Was schadet es?!«

»Da habt Ihr 200 Kronen. Aber spart damit.«

Er dachte: »Wenn nur Paulina eine Violin-Künstlerin würde – –. Es würde die Freude meines Alters sein!«

Aber Paulina ging umher, übte nie Violine, stützte oft die Ellbogen auf – –.

Manchesmal träumte sie; »Sie küssen sich und küssen sich und küssen sich – – – dadurch wird das Kind.«

[170] Die Leute sagten: »Was ist es für ein komisches Mädchen?! Ich bitte Sie, von solchen Eltern?!«

Der junge Mann aber, welcher die Geschichte des Hauses stenographiren sollte, fühlte: »Eine Herbstes-Blüthe ist sie! Wie liebe ich sie – – –. Ich weiss, was sie braucht. Niemand wird es ihr verschaffen.«

Paulina's Ehe

Paulina hat geheiratet. Ganz einfach am 17. September 1896, in echten Myrthenblüthen.

Es kam so:

Eines Tages sagte ein Herr: »Paulina, ich liebe Sie, ich möchte Sie pflegen –.«

»Bin ich denn krank – –?!« erwiderte sie.

»Soviel wie – –« sagte er, »diese Umgebung – –!?«

Da nahm sie ihren milden Pfleger und sagte: »Schützen Sie mich also – –.«

Er schützte ihren etwas gebrechlichen Körper wie ein Heiligtum. Immer sagte er scherzend: »Paulina, du gehörst in einen Brutofen, 35° gleichmässiger Wärme. Dort müsstest du erst ausreifen – –.«

»Jawohl – –« fühlte sie, »irgendwo müsste man erst ausreifen – – –«.

Immer sagte er: »Nimm deinen Schal, schon wieder leichtsinnig?!«

Da fühlte sie: »Er schützt mich – –.«

[171] Compliment de Cour

Alle sassen schon beim Ball-Souper.

Paulina trat ein, in einem langen weissen seidenen Überwurfe, machte drei wundervolle Verbeugungen.

»Was ist das – –?!« fühlte Peter A., »in welcher Welt thut man denn dieses?!«

Dann sass sie da wie gewöhnliche Menschen, breitete die Serviette über ihr Kleid, liess sich Crême d'Orge nachserviren. Ihr Gatte sagte: »Hoho, die Suppe ist heiss, warte – – –.«

Eine Dame sagte zu Peter A.: »Halten Sie es vielleicht für Gracie?! Nein, so hereinzukommen!?«

Der junge Mann legte seine Hand sanft auf die schöne Hand der Dame. Wie Kinderfrauen sind Männer! Immer müssen sie beruhigen, einschläfern, einwiegen, in Schlaf singen die zarten gebrechlichen Seelen der Damen, welche wie dumme Babies sind und gleich aufseufzen – – –.

Die Dame sagte: »Was bedeuten drei Verbeugungen hintereinander?! Ich verstehe das nicht. Können Sie es mir nicht erklären?!«

»Nein – –« sagte der junge Mann.

»Sie lassen sich düpiren – –« sagte die Dame.

»Ja – – –« sagte der junge Mann.

Die Dame dachte: »Drei Verbeugungen hintereinander – – –. Jede könnte es machen. Es ist die Sache des Willens ganz einfach.«

»Finden Sie nicht, dass es Sache des Willens ist, Peter A.?!«

[172] »Ja, ich finde es. Aber der Wille, Lisabeta, ist eine Consequenz des Gesammt-Organismus. Wer so ist, will so – –!«

Die Dame erbleichte.

Der junge Mann dachte: »Gebraten würdest du am besten um Martini herum schmecken – – –. Warum kämpft Ihr immer mit den Windmühlen, welche unbesieglich sind?! Macht es einen angenehmen Eindruck?! Auf der Rosinante eurer Seelen stürmt Ihr immer gegen eingebildete Gefahren oder gegen unentrinnbare! Welche Waffen habt Ihr?! Vielleicht das Erbleichen?! Wie oft wirkt es?! Ergebt Euch!! Wollt Ihr die Dome, die griechischen Tempel in Trümmer bringen?! Die Lärchenwälder ausroden?! Die heiligen Kinder-Antlitze verstümmeln?! Die Symphonieen der Stimme verstummen machen?! Wollt Ihr unsere Augensterne ausbrennen, unser Trommelfell zerstören?! Gänse der Liebe!!«

Lisabeta refüsirte die warme Mehlspeise mit Melonensaft, das Dessert, les Bonbons, etc. – –.

Sie ging in das Rauchzimmer, legte sich in einen Prachtfauteuil aus rostrothem Gobelin-Stoffe und rauchte »Cousis, Dubek, Caire, Exquis.«

Ein Herr kam und sprach mit ihr.

»Was halten Sie von Gracie – –?!« sagte sie zu dem Herren.

»Gar nichts. Es ist meistens Affektation« sagte der Herr.

»Aber Ihr lasst Euch dennoch düpiren – –« sagte die Dame.

[173] »Ich habe erklärt, dass ich es für Affektation halte – – –.«

»Ihr lasst Euch dennoch düpiren –.«

Der Herr dachte: »Du hast wahrscheinlich Bauchweh, meine Liebe – – –.«

Die Dame stand auf von ihrem rostrothen Gobelin-Throne, stellte sich vor den Herren hin und machte drei tiefe Verbeugungen.

»Was halten Sie davon?!« sagte sie.

»Es sind um zwei zuviel – – –« sagte er. »Übrigens, es ist hübsch zusammengestellt. Wo haben Sie es gelernt?! Setzen Sie sich zu mir.«

Sie setzte sich zu ihm. Sie plauderten und rauchten. Meistens sprachen sie darüber, wie leicht Einen kleine Dinge düpiren könnten, hinwegtäuschen, gleichsam blöffen könnten, wie die geschickten Partner beim Poker-Spiele. Es sei vielleicht sogar ein Poker-Spiel, diese ganzen Beziehungen, jedesfalls würde man ziemlich nervös dabei, sehr gesund sei es nicht, immer um seinen Einsatz zu zittern, alle Augen überall zu haben und zu gustiren.

So unterhielten sie sich sehr gemüthlich.

Aber zum Schlüsse sagte sie: »Also, was ist ihre eigentliche Ansicht über Gracie?!«

»Ich halte es in den meisten Fällen für Affektation – – –.«

Die Dame war wieder ziemlich rosig geworden und sagte; »Vielleicht ist noch ein Stückchen Poudding da mit Melonensaft. Man kann es auch kalt essen. Warum soll ich es entbehren?! Bringen Sie es mir.«

[174] Er brachte es ihr und machte beim Überreichen drei tiefe Verbeugungen.

»Sie haben Gracie – – –« sagte sie, »Sie werden Glück haben – – –.«

Und Beide waren sehr fröhlich und gut gestimmt – – –.


Aber Herr Peter sass im Tanzsaale, in einer Ecke, auf einem harten Strohsesselchen und starrte stumm die junge Dame an, welche gekommen war in einem langen weissen seidenen Mantel und drei Verbeugungen gemacht hatte hintereinander.

Er fühlte es, dass diese drei Verbeugungen gleichsam auf Flügeln mit ihm fliegen würden durch das Leben, überallhin, als ein letzter wundervoller anmuthiger Hauch von entschwundenem Griechenthume – – –!

»Sie gefallen mir, junger Mann – –« sagte Paulina's Gatte am Schlüsse der Soirée zu Peter A., »Sie haben noch Etwas von den Troubadouren. Trinken wir auf Du.«

Horae Serenae

»Sie ist nicht sie – – –« sagte einmal Herr Peter von ihr. Jawohl, da giebt es keine Erklärung, keine Pourparlers. Du fühlst es oder Du fühlst es nicht. Basta. Lasse dich nicht ein, verantworte dich nicht, brich ab, kehre den Rücken! Oder sage ruhig: »Ihr seid Ihr! Jawohl – – –.«

[175] Jetzt sass sie da, zwischen P.A. und Willy Rose, der jungen Freundin und trank langsam Blumen des Rheines, welche an sanften Hügeln gepflückt waren und ihre Seelen geben mussten – –.

Willy Rose, die junge Freundin, fand in Paulina die nächste Entwicklungsstufe ihrer selbst. Willy Rose in erhöhtem Dasein, der »Mensch gewordene« Traum von Willy Rose. Oft ist Freundschaft nichts Anderes. Man liebt sich selbst, verklärt in einem Anderen. So lieben alle Menschen Jesus Christus.

Um wie viel friedevoller ist es aber, verklärt in einem Anderen sich zu finden, als das erhöhte Dasein seiner selbst vergebens in sich selbst zu suchen. So war Paulina bleich und Willy rosig. So sah die Eine zu der Freundin auf und diese blickte rastlos in die Ferne – – –.

Nach dem Souper sagte der junge Mann zu Paulina: »Spielen Sie doch – – –.«

Sie setzte sich daher an das Clavier und spielte die Kamárinskája. Sie sagte: »Die Schwermuth ist es und dennoch ein Tanz. Hie und da müsste man innehalten und die Arme sinken lassen.«

Herr Peter: »Sie spielen es, wie wenn die Paare innehielten und die Arme sinken liessen – – –.«

Paulina: »Oh – – –. So sollte man es tanzen. Innehalten und zu sich selber sprechen: »Tanze doch nicht – –!« Und dann doch weitertanzen und wieder innehalten in der Freude und zu sich selber sagen: »Tanze nicht – – –«

[176]

Herr Peter: »Ihre junge Freundin liebt Sie schwärmerisch – – –.«

Paulina: »Sie liebt mich.«

Der russische Walzer sang: »Tanze doch nicht – – – oh tanze – – – tanze – – – tanze doch nicht – – –.«

Da kam Willy Rose und sagte: »Nach Russland führt sie uns, in die Ferne, wo die Gras-Wälder sind und Birken-Steppen. Bitten Sie Paulina, es noch einmal zu spielen – – –.«

Aber die Dame legte das Notenblatt zusammen und erröthete – – –.

»Bitten Sie sie« sagte Willy zu dem Herren. »Überall kannst du hinreisen, Paulina. Wie angenehm.«

»Führen Sie uns noch einmal in die Ferne, wo Grassteppen sind und Birkenwälder.«

Paulina aber stand auf und spielte es nicht mehr.

In ihr sang es: »Tanze doch nicht – – – oh tanze – – – tanze – – – tanze doch nicht – –. Was hat man von dem Allem – –?!«

Sie setzte sich in einen rostrothen Gobelin-Fauteuil; die weissen Hände leuchteten –.

Willy Rose nahm weisse Rosen aus einem venetianischen Glase, pflückte alle Blumenblätter ab, neigte sich über Paulina und küsste sie. Als sie sich wieder erhob, lag über Paulina's goldenen Haaren ein Frühlings-Regen von Rosenblättern. Für Willy Rose war sie manchmal wie eine Fee, wie [177] Etwas aus dem Kinder-Reiche, was wirklich geworden ist.

Sie möchte zu ihr sprechen; »Stern der mildesten Nächte« oder »Prinzessin Harfe« oder »Liluliuliana«. Oder einfach »Paulina«. Sie spricht es so aus, wie wenn sie ein eigenes geliebtes Baby besorgt und zärtlich nennen würde, fast mit einer bebenden Stimme, welche von ganz tief kommt. Wie manchesmal das Cello spricht in einem Quartette. Oder der Bass in einer Beethoven – Sonate.

Sie sagte: »Wie schön deine Hände sind, Paulina. Sogar aus der Ferne küsst man sie. Küsse mit den Augen sind süsser als Küsse mit dem Munde Sie sind verschwiegener, kommen aus einer anderen Welt und Niemand kann sie verwehren. So, glaube ich, küssten Lenau, Hölderlin. Jedesfalls muss man es sich so vorstellen. Ich finde, dass die Welt voll Liebe ist und Alles sich vor schönen Dingen verneigt und grüsst und dass die schönen Dinge wieder danken und sich verneigen und gegengrüssen – –.«

Dann begann sie Paulina's Haare aufzulösen und neu zu stecken.

Später sagte sie zu Herrn Peter: »Diese neue Frisur, welche ich Paulina gemacht habe, kleidet sie besser als die frühere. Sie sollte dieselbe behalten. Bitte, sagen Sie es ihr.«

Herr Peter schwieg.

»Bitte, sagen Sie es ihr. Sie müssen es ihr sagen. Vielleicht würde sie dieselbe dann beibehalten – –.«

Herr Peter dachte: »Junges Mädchen, zärtliche[178] Willy Rose, du findest, dass die Welt voll Liebe ist und Alles sich vor schönen Dingen verneige und grüsse und dass die schönen Dinge wieder danken würden und sich verneigen würden und gegengrüssen.«

Dann sagte er: »Frau Paulina, behalten Sie diese Frisur, welche ihre Freundin componirt hat. Sie ist noch schöner als die frühere – – –.«

Da neigte die Dame ein wenig das Haupt, wie verlegen – – –.

Die Freundin aber lächelte milde und sagte zu Herrn Peter: »Sehen Sie – –!?«

Liebesnacht

Einmal schläft Paulina ein während des Nacht-Essens. Den Theelöffel hält sie noch in der Hand. In dem weiten Gobelin-Stuhle liegt sie. Ihre braungoldenen Haare bleiben wach und schimmern.

Ihr Gatte und der Gast tragen den Tisch mit allen Sachen weg, setzen sich zu ihren Füssen hin auf weiche Tabourets und rauchen »Cousis, Etoile d' Égypte«.

»So ist sie – – –« sagt der Gatte leise, »siehst Du es – – –?! Immer giebt sie zu thun.«

Herr Peter nimmt das Buch »Paläste Venedig's«, betrachtet die Bilder. Er denkt: »Cartons machen weniger Lärm als Buch-Seiten.«

Zwei stumme Wächter vor den Thoren des Schlafes – – –!

[179] Der Gast sagte leise: »Ich habe einen Satz gedichtet – – –.«

Ihr Gatte: «– – –?!«

»Wenn sie wacht, schläft sie – – – und wenn sie schläft, wacht sie – – – –.«

»Sage ihr es nicht – – –.«

»Nein – –.«

»Wozu braucht sie es zu wissen?! Sie würde es nicht verstehen. Es würde stören.«

»Es enträthselt, erlöst, bricht durch die Nebel –« erwiderte der Gast.

Ihr Gatte steht auf, dreht zwei blaue elektrische Glasglockenblumen ab. Eine blüht weiter.

Der Gast fühlt: »Wenn sie schläft, wacht sie –«

Ihr Gatte sagt: »Du würdest sie schön ruiniren– –.«

Der Gast fühlt: »Und wenn sie wacht, schläft sie – –.«

Die Beiden sitzen auf Tabourets und rauchen Cigaretten.

Zwei stumme Wächter – – –!

Milchwägen galoppiren vorbei wie Geschütz-Batterieen.

Die Herren denken: »Hole Euch – –. Bestie »Granit-Pflaster«!

Die rohseidenen Stores werden durchschimmernd wie Tüll, Organtin, wie schleissig.

Der Gast erhebt sich leise, streckt die Hand ein wenig aus, wie segnend, geht fort.

Ihr Gatte sagt im Vorzimmer zu ihm: »Du würdest sie schön ruiniren – – –.«

[180] Dann drückt er ihm sanft die Hand –. Es ist die, welche gesegnet hat – – –.

Er geht wieder hinein, setzt sich auf das Tabouret – – –.

Ein stummer Wächter vor den Thoren des Schlafes!

Er gähnt, merkt, dass Tabourette keine Lehne haben, nicht ein Atom von Lehne.

Ein müder Wächter – – –!

Hausthore werden aufgeriegelt, Riesen-Schlüssel stemmen sich an Schlossfedern, Läden brausen in die Höhe. Die Stores sind wie mit blauer Seide gefüttert.

Paulina erwacht.

»Weisst du, was Peter über dich gesagt hat –?!«

»– – –?!«

»Wenn sie wacht, schlummert sie – –.«

Paulina erwidert: »6 Worte fehlen – –: »Und wenn sie schlummert, wacht sie.« Wieso hat Er sie nicht gesprochen?! Es ist merkwürdig – –.«

Ihr Gatte: »Ihr Beide würdet zu einander passen – – –. Einer würde den Anderen verrückt machen – –.«

»Jawohl – – –« sagt sie.

Dann sagt sie: »Weisst du, wie du jetzt früher dagesessen bist?! Wie ein Wächter an den Thoren meines Lebens – – –!«

Ihr Gatte: »Diese verdammten Milchwägen. Bestie von einem Granit-Pflaster. Schweinehunde von Rollläden – – –.«

Dann beginnt er sie auszukleiden wie ein Baby.

[181] Ereignisse

Ereignis des ersten Tages.

Sie sagte zu dem Gaste: »Der Sommer ist fade in unserem kleinen Landhause. Wir blicken vom eisernen Balkon herab in eine Sackgasse, in welche sich staubige Syrinx-Gebüsche durch schwarze staubige Gartengitter durchdrängen.

Promenirende gehen schön langsam und zuversichtlich hindurch und müssen wieder umkehren. Das ist unser Amüsement. Wenn ein Herr Ritter käme und nicht umkehren wollte und mit dem Schwerte die braune Wand und das schwarze Gitter und die Syrinx-Gebüsche zerschlüge – –?!«


Ereignis des zweiten Tages.

Sie sagte: »Willy Rose und ich gehen Vormittags baarfuss über die Fliesen, welche wie kühle Dominosteine sind. Und ich habe offene Haare. Aber Abends, wenn mein Gatte kommt, stecke ich dieselben auf und ziehe Schuhe an.«

»Warum – –?!« fragte der junge Mann.

Sie gab keine Antwort.

Sie sagte: »Übrigens, bei Märchen fragt man nie, ›warum‹ – – –. Wenn die Sonne unterging, verwandelte sich Liluliliana in eine graue unscheinbare Hauskatze – – –.«


Ereignis des dritten Tages.

Sie sagte: »Ich mache mir sehr viele schöne Kleider. Ich denke mir dieselben aus. Es sind [182] meine Gedichte. So hängen wir mit der Kunst zusammen, sehen Sie?! Heute Nachmittags habe ich eine Inspiration gehabt: ein weisses Mousseline-Kleid, auf welchem goldgelbe seidene Chrysanthemen aus dünnen Seidenbändchen aufgenäht sind. Jedes Blumenblatt ist ein Seidenbändchen. Gefällt Ihnen dieses Gedicht?! Es heisst »Oyama Oyasouki« oder »Princesse du Japon«.


Ereignis des vierten Tages.

»Waren Sie im Künstlerhause?! Da ist ein Bild. Eine Kapelle mit drei Pappelbäumen. Staub, Sonne. Aber in der Kapelle muss es kühl sein und nach Wachs und trockenem Steine riechen. Aber Niemand kommt hinein, weil es viel zu klein ist. Draussen sind drei Pappelbäume, Staub und Sonne. Dieses Bild gehört mir, auch wenn es in Louisiana oder in Kentucky im Salon eines Milliardärs hängen wird. Niemand kann es mir entreissen.«

Der junge Mann fühlte: »Niemand kann es Dir entreissen. Es befindet sich in deinem ewigen Besitze.«


Ereignis des fünften Tages.

»Ich werde Ihnen die Kamárinskája wieder vorspielen – – –. Sehen Sie, so geht es immer weiter, endlos. Langweilt es sie?! Wie ein warmer, auf dem Boden singender Landregen ist es. Man steht am Balkone und ist ganz occupirt. Wovon?! Niemand weiss es. Ich habe mir gedacht: »Wird [183] einmal Einer sein, der es dreiviertel Stunden anhören könnte?! Es würde mich interessiren – –. Langweilt es Sie?! Ich bin schon ganz müde – –. Aber die russischen und sibirischen Tänzerinnen werden nie müde, weil sie Heimath tanzen oder Heimweh – – –«.


Ereignis der ersten fünf Tage.

So kam sie zu sich selbst und wurde reicher. Er sprach nie ein Wort. Lautlos, ohne Gebärde, sass er da und rief sie nie zu sich und liess sie zu sich selber kommen und reicher werden –!!


Ereignis des sechsten Tages.

Er dachte: »Wenn sie jetzt vorüber käme –!?«
Aber sie kam nicht vorüber.

Ereignis des siebenten Tages.

Ihr Gatte sagte milde zu dem jungen Manne: »Du entführst mir Paulina – –.«

»Wohin – –?!« sagte der junge Mann.

»Ich weiss es nicht – – –.«

Paulina erwiderte: »Beethoven entführte mich und Hölderlin und der Sanct-Wolfgang-See entführte mich und alle Sonnen, welche auf- und untergehen; und das Gepiepse des letzten Vögelchens entführt mich, die feuchte Kühle des Abend-Wiesen-Hauches und die Hausgärten im Vorfrühling und später, wenn der erste Schnee die Blätter drückt – – – – –. Weisst Du es jetzt, wohin er mich entführt?!«

[184] »Ich weiss es – – – »sagte er und legte ihre Hände in einander.

Auslegung

Der junge Mann las der jungen bleichen Dame vor: »Jahrestag«, von Stephan George.

»Wie Sie es lesen – – –!« sagte sie. »Wie wenn Sie der Dichter wären! Worin besteht die Schönheit dieses Gedichtes?! Ich fühle es nur – –. Erzählen Sie es mir, bitte – – –.«

Er erwiderte: »In der einfachen Traurigkeit besteht es. Die Bräutigame starben, sagt der Dichter. Die Bräute sagen einfach: ›Wir wollen am Jahrestage, an der Quelle, wo zwei Pappeln mit einer Fichte in den Wiesen steh'n, im Krug aus grauem Thone Wasser holen.‹«

»Danke – – –« sagte Paulina.

Dann sagte sie: »Worin besteht die Traurigkeit dieses Gedichtes?«

»In Nichts. So ist die Traurigkeit. Bethätigungen des Alltag-Lebens, stilles Gedenken beim Wasser-Holen an der Quelle, wo zwei Pappeln mit einer Fichte in den Wiesen steh'n – – –.«

Stille – – –.

Paulina beugte sich ein wenig vor, umschloss mit ihren Händen ihre Kniee – –.

Dann sagte sie: »Wie Sie es erklären! Man spürt das Traurige. Sie sind eigentlich der Dichter!«

»Jawohl. Ich bin der Dichter – – –!«

[185] »Oh – –. Und was ist Stephan George?!«

»Der Dichter!«

»Und ich – –?!«

»Der Dichter! Wir Alle Drei zusammen sind der Dichter!!«

Die Ehe

»Was liest Du da – – –?!«

Die junge bleiche Dame mit den weissen Händen schloss das Buch, beugte sich schüchtern ein wenig vor – – –.

Er öffnete das Buch und las:


»Meine weissen Ara haben
safrangelbe Kronen.
Hinter' m Gitter, wo sie wohnen,
nicken sie in gelben Ringen,
ohne Ruf, ohne Sang, schlummern lang;
breiten niemals ihre Schwingen – – –.
Meine weissen Ära träumen
von den fernen Urwald-Bäumen.«

Die Dame erröthete, blickte in ihren Schooss –.

Da gab er ihr stumm das Buch zurück und küsste sie sanft auf die Stirne.

Wie wenn Graf Raimund von Poitier Melusinen überraschte in ihrem heiligen Elemente!

Er fühlt: »So Eine bist Du – – –?!«

Da sagt die Seele des Weibes »adieu«, fliegt traurig zum Fenster des Schlafgemaches hinaus, in die Tiefen der Waldesgründe ihrer Kindlichkeiten, an die Quelle und taucht unter – – –.

[186] Der Gatte fühlte: »So Eine bist Du – -–?!«

Er sagte: »Deshalb braucht man doch nicht verlegen zu werden, Paulina – –?!«

In ihr sang es:


»hinter' m Gitter, wo sie wohnen,
nicken sie in gelben Ringen,
ohne Ruf, ohne Sang, schlummern lang – –,«

Er sagte: »Übrigens, es ist ungesund, träumerisch Worin besteht die Schönheit dieses Gedichtes, bitte?!«

Sie schwieg.

Dann sagte sie sanft: »Gefällt es mir denn so besonders?!«

Er erbleichte – – –. Er hörte die Thore ihrer Seele in's Schloss fallen – –.

In ihr sang es: »hinter'm Gitter, wo sie wohnen – – – nicken sie in gelben Ringen – – ohne Ruf, ohne Sang – – – schlummern lang.«

Er sagte: »Übrigens – – wenn es Dir gefällt – –!?«

Er streichelt sanft ihre braun-goldenen Haare. »Wer wird denn gleich so verschüchtert sein, Paulina?!«

Ihre Augen wurden nass. Sie nahm seine Hand und küsste sie zärtlich.

In ihr sang es: Meine weissen Ara träumen – – von den fernen Urwald-Bäumen – – – – –.«

Ereignis des hundertsten Tages

Ihr Gatte sagte zu dem jungen Manne: »Sie ist mir entfremdet – – –.«

[187] Der junge Mann erwiderte; »Siehe! Wie der Bauer sein Kartoffelfeld, betrachtet Ihr die Frau. Etwas, was Dir sätet, um zu ernten; wofür Ihr arbeitet, um es zu geniessen. Ihr Zweck ist Euer Wunsch. Bauernvolk seid Ihr. Alle Wege verrammelt Ihr. Siehe! Ein Mensch stünde da an einem wunderbaren Sommerabend und der süsse Duft von kühlem Erdhauch brächte ihm Frieden. Weit breitet sich das dunkelgrüne Feld. Eine Million weiss-lila Flecken schimmern. Und unterirdisch ahnt er Millionen hellbrauner Wurzel-Knollen, die von überall die Salze ziehen und das klarste Wasser. So arbeiten sie ruhig und selbstlos für ihr »werdendes Ideal«, die Blüthe. Denn ihre letzte Wirkung, ihre Sehnsucht, ist die kleine lila Blüthe, in welcher die dunkle irdische Materie gleichsam Seele wird und wie ein Abendlied im Mondlicht ist. Nach Blüthe-Werden, Seele, drängt der Stoff! Nach Blüthe-Werden, Seele, drängt die Frau – – –!! Ihr aber wollt die Wurzelknollen ernten! Was Ihr zum Leben braucht, Das kümmert Euch!! Bauernvolk seid Ihr!

Siehe! Am Rande des dunkelgrünen Feldes mit den weissen Blüthen ist eine dunkle Kalkwand mit zwei goldenen Fensterchen. Drinnen siehst Du an einem dunklen Tische zwei aufgestützte Elbogen und ein schwermüthiges Haupt. Der Bauer ist es, der auf Ernte wartet.

Er träumt von dunklen Wurzelknollen, die nicht werden wollen und ihre guten Kräfte, namenlos ver schwendend, [188] zur Höhe senden in die grünen Blätter und in die lila Blüthensterne. Was sind Ihm Blüthen?!

Die dunklen schwermüthigen Köpfe träumen Ernte – – –. Bauernvolk seid Ihr!!«

Der Freund erbleichte. Er fühlte: »Sie ist mir entfremdet.«

Der Gast: »Wessen sind die Blüthensterne?! Aller! Aller sind sie! Die Seele, die Schönheit, cet accomplissement suprême des intentions intimes de Dieu, gehören der ganzen Welt wieder, aus welcher sie entsprungen. Jeden Abend kann ein fremder Mensch vorübergehen und Frieden haben an dem Duft des Feldes. Aller ist er! Unerschöpflich senden die kleinen weiss- lila Blüthensterne Frieden in den dunklen Abendhimmel, wie Glockentöne, wenn der unbedächtige unfromme Tag vom Menschen gleitet – – –.«

Der Freund neigte das Haupt – – –.

Stille.

Dann sagte der Gast: »Armselige perfide Melancholie der Männerseelen! Warum Terrain abgrenzen?! Wo endest Du und wo beginne ich?! Zwei Wächter sind wir an dem Thore ihres Lebens!!«

Der Freund erwiderte: »Sie ist mir entfremdet – – –.«

Der Gast neigte das Haupt – – –.

Da trat Paulina ein und sagte in mildem strahlendem kindlichem Lächeln: »Meine zwei Freunde – – –!«

Aber plötzlich lächelte sie nicht mehr –.

[189] »Odi profanum vulgus et arceo«

Abend.

Paulina's Gatte und Willy Rose sitzen im Speisezimmer. Die Luft ist warm und duftet von feinen Möbeln.

»Was wollen Sie, mein Kind – –?! Sprechen Sie – – –.«

Sie schweigt.

Dann sagt sie: »Sie sind so gut, so milde –.«

Sie weint – – –.

Das Stubenmädchen tritt ein, sagt: »Soll ich für die gnädige Frau zum Nachtessen eine Bouillon einkochen?!«

Willy Rose: »Ja. Sprudeln Sie zwei Dotter ein. Es wird nahrhafter und sie wird es vielleicht nicht merken. Drehen Sie die Lampe ein, wenn Sie serviren.«

»Werden Fräulein noch hineinkommen, bevor sie einschläft?!«

»Ja.«

»Oh bitte, Fräulein, kommen Sie noch hinein. Die Nacht ist dann ruhiger.«

Sie geht hinaus.

Willy Rose: »Sie sind so gut, so milde – Oh könnten Sie Paulina lieben, wie ich sie liebe – –!«

Er erbleicht.

Stille.

Willy Rose: »Oh könnten Sie Paulina so lieben [190] wie ich sie liebe! Ich möchte für sie sterben. Sie thut mir so schrecklich leid.«

Stille.

Dann sagt sie: »Wie etwas Geknebeltes seid Ihr! Eure Seele ist an Etwas festgebunden. Sie schwebt nicht frei im Raume. Eure Sanftmuth ist wie ein Seufzer, der sich losringt von einer Starrheit – – –. Ich bin ungerecht. Verzeihen Sie mir. Sie sind so müde. Oh, könnten Sie Paulina lieben wie ich sie liebe. Ich möchte für sie sterben. Ich möchte ewig ihre Haare streicheln und auf ihr geliebtes Antlitz den Frieden hauchen – – –.«

Stille.

Sie sagt leise: »Oh könnten Sie Paulina lieben wie ich sie liebe – –.«

Das Stubenmädchen tritt ein, sagt: »Das Fräulein möchten zur gnädigen Frau kommen. Sie jammert so um Sie – – –.«

Willy Rose geht hinein.

Der Herr sagt: »Wünschen Sie noch Etwas von mir, Anna?!«

»Nein – – –« sagt das Stubenmädchen und geht weinend hinaus.

Stille – – –. Es ist warm im Speisezimmer und es duftet nach feinen Möbeln –.

Der Herr geht zum Schreibtische und schreibt:


»Mein Freund.


Kehre zurück in unser Haus!! Wir wollen zwei Wächter sein am Thore ihres Lebens
[191] Dann sitzt er in einem rostrothen Gobelin-Fauteuil, ganz tief drinnen.
Er steht auf, dreht die drei elektrischen blauen Glasglockenblumen ab.
Er setzt sich wieder – – –.
Er träumt: »Oh könnte ich Paulina so lieben, wie Willy Rose sie liebt und Er –!«
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Ganz versunken sitzt er in seinem Fauteuil.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Die rohseidenen Stores beginnen durchschimmernd zu werden; wie Tüll, wie Organtin. Wie schleissig. Wie mit blauer Seide gefüttert.

Milchwägen donnern vorbei wie Geschütz-Batterien – – –.

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– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Thorschlüssel knacksen in den Hausthoren, Rollläden rauschen auf; wie Spinneweben erglänzen die Stores – – –.

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Ave Regina Coeli – – –! Heller heiliger Tag! Klärer, Besänftiger, Erlöser!!
[192]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Altenberg, Peter. Prosa. Was der Tag mir zuträgt. Paulina. Paulina. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DAD6-9