9.

Wir wandeln hier in Finsternissen
Und schaun vergebens nach dem Licht;
Nicht trösten mag uns, was wir wissen
Und was wir können, helfen nicht:
So wickelt ewig auf und ab
Sich Labyrinth aus Labyrinthen,
Und heute sehen wir verschwinden,
Was gestern süße Täuschung gab.
Doch liebt der Stolze seine Irre,
Der Eitle seinen Lügenschein
Und wirret in das Truggewirre
Sich jede Stunde fester ein,
Verschmäht die Wahrheit für Gedicht,
Verschmäht die Flamme für den Schimmer,
Und hascht und sucht und findet immer,
Doch ach! sich selber find't er nicht.
[48]
O du, durch den die Sonnen brennen
Und leuchtend durch die Himmel gehn,
Gott, lehre du mich selbst erkennen
Und meiner Künste Lug verstehn,
O hebe dein demütig Kind
Empor mit deinen Liebesarmen
Und laß sein Herz in dir erwarmen,
Vor dem die Engel Stammler sind.
Aus deines Lichtes reichem Meere
Floß einst ein einziger Tropfen aus
Und zündete die Sternenheere
Und Lampen all im Himmelshaus –
O einen Funken nur für mich!
Nur einen Schimmer von dem Glanze!
Und droben in dem Sternentanze
Mit allen Seligen preis' ich dich.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arndt, Ernst Moritz. Gedichte. Gedichte. Reime aus einem Gebetbuche. 9. [Wir wandeln hier in Finsternissen]. 9. [Wir wandeln hier in Finsternissen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-06F0-A