Die Diebsstellung

Mündlich.


Maria in den Garten trat,
Begegnen ihr drey Jüngling zart.
Der erste war Sankt Daniel,
Dann Raphael, dann Michael.
Sankt Daniel zu ihr da lacht,
Die Jungfrau spricht: »Was hast gelacht?
Sankt Daniel spricht: »Ich wacht zu Nacht,
Zwey Dieb die hatten sich erdacht:
Vermassen sich wohl zu geschwind,
Zu stehln dein allerliebstes Kind.«
Sie spricht: »Das wird nun werden gut,
Dann wer mein Kindlein stehlen thut,
Den müst ihr binden an die Schwell,
Daß er nicht kann von seiner Stell.«
»Sankt Raphael, Sankt Michael,
Ihr bindet ihn da an die Stell.«
[71]
Sankt Daniel sprach: »Ey seht nur an,
Da stehen sie noch Mann für Mann.
Der Schweiß der läuft von ihnen sehr,
Die wagen umzusehn nicht mehr,
Gebunden sind in eiserm Band,
An Gottes Erd, von Gottes Hand,
Sie stehen da wie Stock und Stein,
Bis sie die Stern gezählet ein,
Bis sie den Sand am Meer gezählt,
Die ungebornen Kind der Welt.«
Maria sie aus Banden nahm,
Wer Rechtes thut hat keine Scham.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Die Diebsstellung. Die Diebsstellung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0AB5-1