Drey Winterrosen
Feiner Almanach. I.B.S. 126.
Es ritt ein Herr mit seinem Knecht,
Des Morgens in dem Thaue,
Was fand er auf der Heide stehn?
Ein wunderschöne Jungfraue.
»Gott grüß euch Jungfrau hübsch und fein,
Gott grüß euch Auserwählte,
Wollt Gott ich sollt heut bey euch seyn,
In euren Armen schlafen.«
»In meinen Armen schlaft ihr nicht,
Ihr bringt mir denn drey Rosen,
Die in dem Winter wachsen sind,
In voller Blüt erschlossen.«
Er schwang sich in den Sattel frei,
Dahin so thät er traben,
Da wo die rothen Röslein stehn,
Um Fräuleins Gunst zu haben.
Der Röslein warn nicht mehr denn drey,
Er brach sie an den Stielen,
Er schütt sie der Magd in Geren frei,
Nach allem ihren Willen.
Da sie die rothen Röslein sah,
Gar freundlich thät sie lachen:
»So sagt mir edle Röslein roth,
Was Freud könnt ihr mir machen?«
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»Die Freud, die wir euch machen wohl,
Die wird sich auch schon finden,
Jetzund geht ihr ein Mägdlein jung,
Aufs Jahr mit einem Kinde.«
»Geh ich mit einem Kindelein,
So muß es Gott erbarmen,
Hab ich doch nur eine halbe Nacht,
Geschlafn an deinen Armen.«
»So klage nicht mein Töchterlein,
Und weine nicht so sehre,
Es ist geschehn; manch Jungfräulein
Kam noch zu großen Ehren.«
Das hat gesungen ein Reuter gut,
Ein Berggesell hat ihn verdrungen,
Er trinkt viel lieber den lautern Wein,
Denn Wasser aus kühlem Brunnen.