Der Tannhäuser

Venus-Berg von Kornmann, dann in Prätorii Bloksberg-Verrichtung. Leipzig, 1668. S. 19-25.


Nun will ich aber heben an,
Vom Tannhäuser wollen wir singen,
Und was er wunders hat gethan,
Mit Frau Venussinnen.
[80]
Der Tannhäuser war ein Ritter gut,
Er wollt groß Wunder schauen,
Da zog er in Frau Venus Berg,
Zu andern schönen Frauen.
»Herr Tannhäuser, Ihr seyd mir lieb,
Daran sollt Ihr gedenken,
Ihr habt mir einen Eid geschworen,
Ihr wollt nicht von mir wanken.«
»Frau Venus, ich hab' es nicht gethan,
Ich will dem widersprechen,
Denn niemand spricht das mehr, als Ihr,
Gott helf mir zu den Rechten.«
»Herr Tannhäuser, wie saget ihr mir!
Ihr sollet bey uns bleiben,
Ich geb Euch meiner Gespielen ein,
Zu einem eh'lichen Weibe.«
»Nehme ich dann ein ander Weib,
Als ich hab in meinem Sinne,
So muß ich in der Höllen-Gluth,
Da ewiglich verbrennen.«
»Du sagst mir viel von der Höllengluth,
Du hast es doch nicht befunden,
Gedenk an meinen rothen Mund,
Der lacht zu allen Stunden.«
»Was hilft mich Euer rother Mund,
Er ist mir gar unmehre,
Nun gib mir Urlaub Frau Venus zart,
Durch aller Frauen Ehre.«
[81]
»Herr Tannhäuser, wollt Ihr Urlaub han,
Ich will Euch keinen geben,
Nun bleibet edler Tannhäuser zart,
Und frischet Euer Leben.«
»Mein Leben ist schon worden krank,
Ich kann nicht länger bleiben,
Gebt mir Urlaub Fraue zart,
Von Eurem stolzen Leibe.«
»Herr Tannhäuser nicht sprecht also,
Ihr seyd nicht wohl bey Sinnen,
Nun laßt uns in die Kammer gehn,
Und spielen der heimlichen Minnen.«
»Eure Minne ist mir worden leid,
Ich hab in meinem Sinne,
O Venus, edle Jungfrau zart,
Ihr seyd ein Teufelinne.«
»Tannhäuser ach, wie sprecht Ihr so,
Bestehet Ihr mich zu schelten?
Sollt ihr noch länger bei uns seyn,
Des Worts müßt Ihr entgelten.
Tannhäuser wollt Ihr Urlaub han,
Nehmt Urlaub von den Greisen,
Und wo Ihr in dem Land umbfahrt,
Mein Lob das sollt Ihr preisen.«
Der Tannhäuser zog wieder aus dem Berg,
In Jammer und in Reuen:
»Ich will gen Rom in die fromme Stadt,
All auf den Pabst vertrauen.
[82]
Nun fahr ich fröhlich auf die Bahn,
Gott muß es immer walten,
Zu einem Pabst, der heißt Urban,
Ob er mich wolle behalten.
Herr Pabst Ihr geistlicher Vater mein,
Ich klag Euch meine Sünde,
Die ich mein Tag begangen hab,
Als ich Euch will verkünden.
Ich bin gewesen ein ganzes Jahr,
Bey Venus einer Frauen,
Nun will ich Beicht und Buß empfahn,
Ob ich möcht Gott anschauen.«
Der Pabst hat einen Stecken weiß,
Der war vom dürren Zweige:
»Wann dieser Stecken Blätter trägt,
Sind dir deine Sünden verziehen.«
»Sollt ich leben nicht mehr denn ein Jahr,
Ein Jahr auf dieser Erden,
So wollt ich Reu und Buß empfahn,
Und Gottes Gnad erwerben.«
Da zog er wieder aus der Stadt,
In Jammer und in Leiden:
»Maria Mutter, reine Magd,
Muß ich mich von dir scheiden,
So zieh ich wieder in den Berg,
Ewiglich und ohn Ende,
Zu Venus meiner Frauen zart,
Wohin mich Gott will senden.«
[83]
»Seyd willkommen Tannhäuser gut,
Ich hab Euch lang entbehret,
Willkommen seyd mein liebster Herr,
Du Held, mir treu bekehret.«
Darnach wohl auf den dritten Tag,
Der Stecken hub an zu grünen,
Da sandt man Boten in alle Land,
Wohin der Tannhäuser kommen.
Da war er wieder in den Berg,
Darinnen sollt er nun bleiben,
So lang bis an den jüngsten Tag,
Wo ihn Gott will hinweisen.
Das soll nimmer kein Priester thun,
Dem Menschen Mistrost geben,
Will er denn Buß und Reu empfahn,
Die Sünde sey ihm vergeben.

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Der Tannhäuser. Der Tannhäuser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1052-A