365. Die Adamstänzer

In der Mark, in Thüringen, auch sonst in Deutschland, in Böhmen und in Holland erhob sich zu einer Zeit eine Sekte von Leuten, die gingen unbekleidet einher, weil der Urvater Adam auch keine Kleider gehabt, trieben allerlei seltsame Bräuche, andern Christen zum Ärgernis, sich selbst zur Schande, und nannten sich Adamiten. Sie führten auch Tänze auf, bei denen sie splitternackt einhersprangen. Eine solche Gesellschaft war auch im Dorfe Virchow in der Neumark, die nahm zwei Fiedler und zwei Bierschenken mit, sie selbst waren sieben Paare, und Schenken und Fiedler mußten auch also nackend mitlaufen. Und der Tag, an welchem sie es taten, war der heilige Pfingsttag, derselbe, an welchem der Herr auch die gottlosen[254] [257] Tänzer von Kolbeck strafte. Da huben die Adamstänzer und Tänzerinnen auf einem Plan vor dem Dorfe ihren gottlosen Reigen an, wild und sündlich und schändlich, aber als sie zum dritten Male antraten, geschahe ein Blitz und ein Donnerschlag bei hellem Himmel, und der helle Himmel wurde plötzlich schwarz wie die Nacht, und den Tänzern und Tänzerinnen erstarrte vor Schreck das Blut in den Adern, und diese Erstarrung mehrte sich, und keiner regte mehr ein Glied, weder die Adamstänzer, noch die Schenken, noch die Fiedler.


Der Teufel ein Fürsprech (Ludwig Bechstein: Deutsches Sagebuch)

Sie waren allzumal zu nackten Steinen geworden und müssen also stehen von Jahrhundert zu Jahrhundert, und nur ganz langsam sinken sie allmählich ein. Jetzt sind sie immer noch zwei bis dritthalb Fuß hoch, die Schenken in der Mitte des Kreises sind noch zwei Ellen hoch. An den Spielleuten, die außerhalb des Kreises stehen, erkennt man noch die Fiedeln. Das Volk nennt sie noch heute den Steintanz oder die Adamstänzer.

In Amerika gibt es noch bis heute eine zahlreiche Sekte, die Gott durch Tanzen und Narrensprünge zu ehren vermeint wie einst die Adamiten.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 365. Die Adamstänzer. 365. Die Adamstänzer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-22F7-B