503. Vom alten Schloß Hallenberg

Wer von Virnau immer weiter talaufwärts geht, überschreitet die Grenzmark der hessischen Herrschaft Schmalkalden und gelangt nach Steinbach-Hallenberg, wo hoch überm großen langgebauten Flecken malerisch die Trümmer des Schlosses Hallenberg horstet. In jener Gegend gibt es viele Sagen auf den Höhen der Berge wie in den Talgründen. Die Burg Hallenberg soll derselbe Baumeister erbaut haben, welcher Schloß Henneberg erbaute; sie war auch eine Hennebergische Burg. Im Gemäuer droben wird noch eine Höhlung gezeigt, in der ein Särglein gefunden wurde, darin eine Kindesleiche. Von [350] Zeit zu Zeit läßt sich am Schloß eine weiße Jungfrau sehen, die wandelt in der Mittagsstunde den Berg herab bis an das alte Malzhaus, das mit einem Türmchen geziert ist, darin hängt noch ein Glöckchen, das früher auf der Hallenburg hing, von silberhellem Ton und Klang, daher es auch das Silberglöckchen genannt wird. Man sagt, daß einige Juden aus Schwarza das Glöckchen ganz mit Silber anzufüllen sich einst erboten hätten, wenn man für dieses Silber ihnen jenes überlassen wolle; man ist aber auf diesen angetragenen Tausch nicht eingegangen. Das Glöckchen trägt die Inschrift:Ave Maria gracia, MCCCCXX. Die Leute haben einen Aberglauben, daß abgefeiltes Metall davon gut sei gegen die Schwerenot und fallende Sucht, daher sieht man vielfache Spuren von Einfeilungen rund um den Rand herum. Die Feile wird von den Kranken auf Butterbrot eingenommen, es soll probatum sein.

Ohnweit Steinbach-Hallenberg sind die Silberlöcher, durch diese fließt ein Wasser, und unter dem Wasser ist eine Höhle, daraus haben vordessen die Venetianer großes Gut getragen. Ein Köhler mußte ihnen immer seinen Harztiegel leihen, darin schmolzen sie das edle Erz. Endlich dachte der Köhler, du kannst ja auch einmal hinuntergehen und für dich etwas holen und auch schmelzen, und wollte in die Höhle hinein, aber da lag ein unbändig großer Hund drin, der bleckte ihm die Zähne, und hatte feurige Augen und machte ein Geknurr, als ob's der leibhaftige Satan selbst wäre – da verging dem Köhler das Goldlangen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 503. Vom alten Schloß Hallenberg. 503. Vom alten Schloß Hallenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-24C8-5