589. Das stille Kind

Im März des Jahres 1677 hat sich in der Erfurter Flurmarkung ein zehnjährig Mägdlein sehen lassen; seine Haare waren in Zöpfe geflochten, hatte ein weißes Kleid an und sah im Gesicht [397] ganz bleich aus. Es ging durch die Alacher und Bündersleber Felder, redete mit sich selbst, niemand aber konnte es verstehen. In der Hand hatte es ein braunrot Stäblein und schlug damit, indem es durchs Getreide oder über die Wiesen ging, die Blumen ab, daß man solche aller Orten herumliegen sahe. Wollte diesem stillen Kinde jemand entgegengehen, ihm Rede abzugewinnen oder nachgehen, es um seine Herkunft und sein seltsames Tun zu befragen, so kam den Leuten ein so gewaltiges Grauen an, daß sie es nicht wagten, sondern scheu zurückwichen. Und niemand hat erfahren, welche Bewandtnis es mit dem stillen Kinde gehabt hat.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 589. Das stille Kind. 589. Das stille Kind. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2901-8