[295] Versunkenheit

Dies war ein Traum, in dem ich mich erkannte

Oh holde Schwäche, da ich mich ermannte

Und mein Geheimstes offenbarlich sah.

Neue Liebe

Wer diese Verse liest, die nur von Liebe singen,
Der wisse wohl: es ist kein heißer Atem,
Der ihre Flügel hebt, und kein Begehren.
Das Glück hat sie gesungen, nicht der Wunsch.
Vielleicht ist Sehnsucht ganz von ferne drin,
Doch also fern, daß nur ein leises Rauschen
Aus diesem weiten Meere tröstlich klingt,
Nicht brausend, drohend.
Bin ich doch ein Mönch
In Mauerfrieden, Stille um mich her
Und rings ein Glanz von milden Zärtlichkeiten.
Beruhigung hat endlich mich erquickt,
Versunkenheit ward mir so ganz zu teil,
Daß all mein hingegangen Leben nun
Dem Herzen wie ein Wolkenbild erscheint,
Dem nachzublicken mir Erfreuung ist.
[296]
So falt ich meine Hände voller Dank
Und will nichts mehr, als daß es also bleibe.
Ich habe mich; ich fühle innerlichst:
So wachs ich recht aus meines Wesens Kern,
Und eine Sonne ist mir glänzend hold,
Die nicht versengt und nimmermehr vergeht.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Gedichte. Irrgarten der Liebe. Gedichte. Versunkenheit. Neue Liebe. Neue Liebe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2FD2-8