Ein Papagei vom Lügen

(Aus der Vorrede zum Papageienbuche)


Der Christ, der Muselman, der Jude und der Heide:
Sie beugen sich dem Geist der Lüge, wie die Weide
Dem Himmelswind sich beugt; es lügt das Kind, der Mann,
Der Bänker, Bettler lügt; der Höfling, der Tyrann;
Der Held; der Journalist; der Forscher; der Soldat;
Es lügt das Parlament, sowie der Potentat;
Auf seiner Kanzel lügt (und wie!) der Theolog;
Der Sauhirt lügt dafür an seinem Schweinetrog;
Und gar das Weib: o Gott! –: es lügt selbst, wenn es lacht
(Und wenn es weint, erst recht); wenn sichs die Haare macht;
Wenns kocht, wenns näht, wenns spinnt; wenns haßt, wenns liebt; wenns ruht;
Es lügt, wenns schweigt, und wenns sich schwatzend gütlich tut;
Und kurz und krumm: Ihr Volk, zweibeinig ungefiedert,
Seid all dem Lügengott vervettert und verbiedert.
Nur Dichter reden wahr, – denn allen ihren Lügen
Vorsenden sie das Wort: Glaubt ja nichts: wir betrügen.
Auf diese Art allein bringt man euch – Wahrheit bei.
Gottlob, daß ich kein Mensch, nein, bloß ein Papagei ...

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Ein Papagei vom Lügen. Ein Papagei vom Lügen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-316E-C