Groteske

(An Hermann Bahr.)


Ich sah im Traume eine Abendröte,
Die war wie wellendes, dampfendes Blut,
Tief dunkel.
[258]
Faul, breit, quoll sie molkig,
Schwappend am leeren Horizonte lang gedehnt.
Schwer lag sie: leuchtender Schlamm.
War das die Sonne, die da hinten sank?
Mir schien, und ich glaubt es im Traum,
Glaubt es mit krampfendem Lachen: ein himmlischer Riese,
Irgend einer der Wandler da oben,
Die sich Wolkenfetzen um die Schenkel schlagen,
Warf eine faulige Blutorange ins Meer;
Die klatscht
Stinkend auseinander.
Bravo, haariger Lümmel!
Aber da!? ...
Ein goldiges Zittern zuckt durch die Röte,
Zerfasert die molkige Masse in Helle.
Phosphorleuchten, perlmutterig Blinken,
Jagende, tanzende, stechende Lichter.
Himmel, Himmel! Die Sonne, die Sonne!
Die Sonne ist verrückt geworden,
Sie speit ihr Sternengedärm in die Nacht ...
[259]
Eine riesige Faust
Droht und greift
Mit knolligen Fingern
Nach dem zappelnden Ball.
Da ward es dunkel, und wie silberne Fische
Schwammen Millionen Kometen durch das Nachtmeer.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Gedichte. Irrgarten der Liebe. Gedichte. Bilder und Traeume. Groteske. Groteske. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-32F0-B