Morgen und Mittag

In erster Dämmrung aufgegangen
Sah ich an deinen zarten Wangen
Der Schönheit Morgenroth;
Und sank allmächtig hingerißen
Und zitternd schon zu deinen Füßen
Und ehrte dein Gebot.
Und ganz in deinen Blick verloren
Sah ich dich damals schon erkoren
Der Liebe Königin.
Und ehe du Verehrer fandest
Und eines Herzen Werth verstandest,
Gab ich mein Herz dir hin.
Jedweden Reiz sah ich entstehen
Und konnte nur dein Auge sehen,
Weil sehn noch sicher war;
Und dachte nicht die süße, frohe
Bescheidne, sanfte Minne drohe
Der halben Welt Gefahr.
Unwiderstehlich aber wütet
Der Schönheit Mittag nun, gebietet,
Und Sklaven beten an.
Wer darf um ihre Blicke werben?
Tod folget ihnen und Verderben,
Wenn man nicht hoffen kann.
So hebt sich, wenn die ersten Stralen
Der Sonn' in Gold den Osten malen,
Des Persers Frühgebet,
Der, wenn der Mittag ihren Wagen
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In heißrer Glut heraufgetragen,
Erblasset, sinkt, vergeht.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Boie, Heinrich Christian. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Morgen und Mittag. Morgen und Mittag. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-3B84-2