[107] Petrarch und Tasso
Zu Laura's Preise schlug Petrarch die Leier,
Und all sein Denken war nur eine Feier
Für sie, der seine ganze Seele lebt;
Doch strebt' er nie nach irdischem Besitze,
Sie war die Göttin auf dem Wolkensitze,
Zu der kein Sterblicher die Wünsche hebt.
So strömte Tasso aus der Liebe Quelle
Der Dichtkunst heil'ge, segensreiche Welle,
Für Leonore sang sein Genius.
An ihrem Geiste durst' er sich entzünden,
Er war ihr nahe; ihre Blicke künden
Ihm manchen tiefen, ahnungsvollen Gruß.
Da sinkt er nieder vor dem hohen Weibe,
Und wird des Stolzes, wird der Rohheit Scheibe,
Weil menschlich er empfand der Liebe Schmerz –
Wohl mag ich staunend auf Petrarcha sehen,
Den Liebessänger, frei von ird'schen Wehen –
Zu Tasso aber fliegt mein ganzes Herz!