[307] [12] Die eilfte Satyre
Von einer klugen Aufführung
Ubersetzung des siebenzehenden Schreibens aus Horatzens erstem Buche.
Q. Horatii Flacci
Epistola XVII. Lib. I.
Fußnoten
1 Aristippus war ein Griechischer Weltweiser an dem Hofe des Sicilianischen Tyrannen Dionysius, und wuste sich besser, als andere seines gleichen, in das Hof-Leben zu schicken. Das Gespräch, welches von dem Poeten hier eingeführet wird, ist würcklich zwischen diesem Aristippus und dem beruffenen Cynischen Diogenes vorgefallen; wie solches Diogenes Laertius in der Lebens-Beschreibung des Aristippus ausführlich erzehlet.
2 Aristippus, wuste sich in alles wohl zu schicken, daher sagte Plato einsmahls zu ihm, als er ihn nach ausgestandenem Schiffbruch, sehr übel bekleidet sahe: Dir allein ists gegeben, so wohl Seiden als Lumpen zu tragen.
3 Aristippus hatte den Diogenes mit sich ins Bad geführet, und heimlich den Bade-Bedienten befohlen, dem Diogenes, statt seines alten abgetragenen Rocks, ein kostbares Kleid von Milet hinzulegen; aus welcher Stadt in Asien, damahls die kostbaren Stoffe nach Griechenland, wie noch itzt zu uns aus der Türckey, gekommen. Als aber Diogenes aus dem Bade stieg, und kein anderes als dieses prächtige Kleid fand, wolte er lieber nackigt nach Hause gehen; gab sich auch nicht eher zu frieden, biß man ihm seinen schmutzigen Rock wieder zugestellet hatte.
4 Im Lateinischen stehen zu Anfange noch fünff Verse, die der Ubersetzer mit Fleiß weggelassen, weil sie nichts sonderliches, als eine Anrede an einen den Auslegern selbst unbekannten Römischen Ritter enthalten, der den Beynahmen Scäva geführet.
5 Ferentinum war ein einsamer Flecken in Latien, nach Daciers und Cellarius Meynung, zwischen Anagnia und Frusino; für welches Dorff der Ubersetzer nicht unbillig ein anderes, nemlich sein Land-Gut Blumberg, gesetzt.
6 Weil der Ubersetzer die Anrede an den Scäva im Anfange dieser Satyre weggelassen, so hat er mit Fleiß die lateinischen Worte, so nur den Scäva angehen, hier auch nicht verteutschen wollen; sondern den Innhalt zusammen gezogen.
7 Die berüchtigte Buhlerin Lais zu Corinth ließ sich ihre Gunst so theuer bezahlen, daß nicht jeder reich genug war, ihrentwegen aus der Fremde dahin zu reisen, so hefftig er sich gleich nach ihr sehnen mochte. Daher entstund von einem ieden schweren Unternehmen das Griechische Sprichwort: Es ist nicht jederman vermögend nach Corinth zu kommen. Davor hier der Herr von Caniz wohlbedächtig unser teutsches Sprichwort gesetzt, welches von den Schützen herkommt, die alle nach einem Zwecke zielen, aber nicht alle treffen.
8 Brundisium ist das ietzige Brindisi im Neapolitanischen, wohin des Sommers, wegen der schönen Gegend, die vornehmen Römer auf ihre Lust-Schlösser zu reisen pflegten, wie dann Mäcenas den Horatz öffters mit dahin geno ien. Surrentum, heut zu Tage Sorrento, eine Stadt in dem lustigen Campanien an dem Vorgebürge der Minerva, ward von den Römern, eben wie die vorige, zur Sommers-Zeit besucht. Der Ubersetzer hat in der Verteutschung nur überhaupt von einer Lust-Reise gesprochen, weil er zwischen den nöthigen und unnöthigen Umständen in einer Ubersetzung den rechten Unterscheid sehr wohl zu machen gewust.