[294] [10] Die neunte Satyre
Die Welt läßt ihr Tadeln nicht

Fabel.


Merck auf, ich bitte dich, wie es dem Alten gieng,
Der, um die Welt zu sehn, noch an zu wandern fieng.
Ein Esel trug ihn fort, sein Sohn war sein Gefährte.
Als nun der sanffte Ritt kaum eine Stunde währte,
Da rieff ein Reisender ihn unterwegens an:
Was hat euch immermehr das arme Kind gethan,
Daß ihrs laßt, neben euch, auf schwachen Füssen traben?
Drum stieg der Vater ab, und wiech dem müden Knaben.
Doch, als er dergestalt die Liebe walten ließ,
Sah er, daß man hernach mit Fingern auf ihn wieß.
Ihr köntet ja mit Recht, hört er von andern Leuten,
Zum wenigsten zugleich mit eurem Buben reiten.
Er folgte diesem Rath, und als er weiter kam,
Erfuhr er, daß man ihm auch dis für übel nahm.
Es schrie der gantze Marckt: Ihr thut dem Thiere Schaden,
Man pflegt nicht so, wie ihr, sein Vieh zu überladen.
Der Alte, der noch nie die Welt so wohl gekannt,
Kehrt' eilig wieder um, wie ers am besten fand,
Und sagte: Solt ich mich in alle Menschen schicken,
So packten sie mir gar den Esel auf den Rücken.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von. Gedichte. Satyren und Ubersetzungen. [10] Die neunte Satyre. [10] Die neunte Satyre. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4A61-8