/ Diogenes von Sinope
Leipzig, bei Weidemanns Erben und Reich etc.
Mann im zerrissenen Mantel, mit der ruhigen Miene! ich stehe eifersüchtig an deiner Tonne, und, wenn die verwünschte Kluft [44] zwischen Ideen und Empfindungen nicht wäre, so schiene morgen die Sonne, wenn sie aus dem Meer steigt, in zwo Tonnen.
Ich bin sehr aufrichtig, wie du siehst, Diogenes! Die andern zeigen dir bloß ihre brillanten Teile, das mulier formosa superne, eine volle Brust, einen schönen süßschwatzenden Mund, ein freundliches Komplimentiergesicht etc. und ich, meine partes pudendas, das desinit in atrum piscem, meine schweren podagrischen Füße, die ich nachschleppen muß und die meinen Entschlüssen den Hals brechen. Dein Ausleger, so richtig und beredt sein Mund spricht (seine Füße sind unterm Mantel verborgen), predigt in den Wind. Es ist wohl kein Mensch in Athen, der nicht in gewissen Stunden das Schale der erkünstelten eingebildeten Bedürfnisse, und die Dornen im Labyrinth der Leidenschaften fühlen, und oft darüber ein sauer Gesicht machen, und an deine Tonne denken sollte; aber was hilft der bloße Gedanke des Kopfs? Fußsalbe, Mann von Sinope! –