21.
Immer gefangen
Sechstine

Dein gantzes Leben ist, o Mensch, ein hartes Joch.
Die Seele liegt verdeckt in einer Hand voll Koth.
Den Leib vor der Geburt umkerckert Gall und Gifft.
Die Sinnen knüpfft und schleust in Ketten denn die Zeit.
Der Wille wird umbschränckt durch Sünd' und eitlen Wahn.
Und alles übertrifft des Himmels fester Schluß.
Wie offte wird verkürtzt dein Vorsatz Rath und Schluß.
Und du kanst nirgend hin als wie dich treibt dein Joch.
Wie offt erwehlest du vor Himmel Geld und Koth,
Und stillst der Seelen Durst mit deines Geitzes Gifft.
Wie offte bringst du durch den theuren Schatz die Zeit.
Und gehst, wo dich hin schleppt dein eigner toller Wahn.
Dein Wunsch und Himmel Reich ist ein gefärbter Wahn.
Und alles, was du thust, ein Ratschlag ohne Schluß.
Du krümmst die Achseln dir in schwerer Dienste Joch,
Und steckst nur tieff versenckt in der Begierde Koth.
Dein Heil, auff das du denckst, ist deiner Seelen Gifft,
Und dann dein gantzes Du ein Raub und Traum der Zeit.
[23]
Drumb reiß, o Mensch, entzwey das Band der strengen Zeit,
Und kratze durch Verstand den Rost aus deinem Wahn.
Umbklammre dein Gemüth und dann des Himmels Schluß.
Und brich der Wollust Feld durch deines Lebens Joch.
Entkörpere die Seel aus diesem Sünden Koth.
Ja Welt, und was ihr Thun, fleuch ärger noch als Gifft.
So wird in Heil verkehrt, in Artzney dieses Gifft,
So blickt der Himmel für in Abfall deiner Zeit.
So wird der Warheit Licht auslaütern diesen Wahn.
So zwingt durch Folgen auch den Sinn des Himmels Schluß.
So wird zur Freyheit dir dein und der Dienste Joch.
So scheint der Seelen Strahl durch diesen Staub und Koth.
Verlaügnest du dich nicht, so bleibst und bistu Koth.
Und bläsest nichts von dir als Hoffarths volles Gifft.
Du und dein Thun vergehst, und stirbest mit der Zeit.
Und was dich nur verdammt, du liebest deinen Wahn.
Das Fehl zeucht Ohren ab dir der Noth feste Schluß,
Biß endlich dich erwürgt das angelegte Joch.
O Mensch! so schau und sprich: Ich bin nur Staub und Koth,
Und iede Sünde flieh ich sörglicher als Gifft!
So bist du außer Welt und stehst auch über Zeit.

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TextGrid Repository (2012). Czepko von Reigersfeld, Daniel. Gedichte. Gegen Lage der Eitelkeit. Von der Eitelkeit zur Warheit. 21. Immer gefangen. 21. Immer gefangen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-5B07-F