[So solstu nun auch Anstand machen]

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So solstu nun auch Anstand machen
Mit deinen Reimen, hub ich an,
Vnd vor dich nehmen andre Sachen,
Laß Lieder schreiben wer da kan.
Gewaltig Lob wird dir es bringen,
Daß sich dein Fleiß so dienstbar hält,
Vnd alle Leichen muß besingen,
Als währstu hierzu nur bestellt.
Leg hin die Feder, vnd laß bleiben
Was dir nicht grosses Vortheil giebt,
Vnd wiltu denn ja etwas schreiben,
Erheb den Helden der dich liebt.
Vnd hievon währ ich nicht gewichen,
Als hierauff mir zu Ohren fährt,
Herr Schmitner ist anjetzt verblichen,
Ist Er nicht eines Liedes wehrt?
Sol Er von dir kein Denckmal haben,
Sol gleich der Aschen vnd Gebein
Auch sein Verdienst vnd wehrte Gaben
In ein Grab mit verschorren seyn?
Worzu wird anders euch Poeten
Der Geist vom Himmel selbs gerührt,
Als daß jhr aus den SterbensNöthen
Das Lob der wahren Tugend führt?
Ihr sollt Fluch, Todt vnd Helle drewen
Den Lastern der verkehrten Zeit,
Die Vnschuld aber auch erfrewen
Mit Lobe, Danck vnd Seeligheit.
Was solt' ich thun? durch meine Lieder
Empfind ich auch sonst Lieb vnd Trew,
Ich stimme meine Seiten wieder
In eine Trawer-Melodey.
[129]
Ist, sing ich, Schmitner auch gestorben,
Der Redligheit vnd Vnschuld Pfandt,
Der hie so schönes Lob erworben
Durch seine Trew vnd milde Handt?
Hat Den der Todt, wie andre Leichen,
Gantz vntter seine Pflicht gebracht,
Der so viel Walds vnd wilder Eichen
Ihm vntterthänig hat gemacht?
Schaw auff den Strom der krummen Deimen,
Er rinnt nicht mehr so grün verdeckt
Mit Wolcken-an gewachsnen Bäumen,
Daß Labiaw vmbher fast bleckt.
Er blösste nicht allein Lauckisken,
So weit es jhm nur gut gedünckt,
Er zähmte weiter noch Crupisken,
Das aus der klaren Inster trinckt.
Es trug kein Holtz so dicke Schwarten,
Sein Fleiß hat es grundaus versehrt,
So daß man seine Beil vnd Barten
Fern vmb die Tilsit hat gehört.
Der Beer vnd Püffel sind erschrocken,
Wie sicher sie vorhin gelebt,
Es ist der groß vnd kleine Rocken
Für seinem Arbeits-Volck erbebt.
Was Holtz er da herumb geschlagen
Weis nicht allein der Memel-Fluß
Sampt Rangnit, sondern auch zusagen
Die dreyzehn-strömig-reiche Ruß!
O manche Ficht' vnd stoltze Linde,
Wie hoch sie sonst den Gipffel trägt,
Der Vögel Sitz, vnd Schertz der Winde,
Hat Ihm zum Füssen sich gelegt.
Jetzt liegt er selbs hie vmbgehawen,
Nicht Leben, nicht gestalt, noch Muth
Ist in vnd an Ihm mehr zu schawen,
Seht was des Todes Macht nicht thut!
Sein Holtz vnd Asch vnd andre Wahren
Seind jetzt noch manchem Lande wehrt,
Wie schnell vnd gantz ist Er verfahren,
Vnd wird von Würmern auffgezehrt!
Heisst das sich sawer lassen werden
In Hitz vnd Frost, in Müh vnd Pein,
So bald sich legen in die Erden,
Vnd eine Kost der Motten seyn?
Nach gutten Lebens-Mitteln ringen,
Erfahren das, was Er erfuhr,
Nichts aber mehr von hinnen bringen,
Als einen Sarg vnd Kittel nur?
Wie seelig ist, wer, Gott ergeben,
Ihn für sein Theil vnd Reichthum hält,
Vnd Schätze sucht in jenem Leben,
Der hat auch gnug nach dieser Welt.
Hie hat Herr Schmitner nach getrachtet,
Fiel jhm gleich endlich Reichthum zu,
So hat er wenig sein geachtet,
Vnd dort gestrebt nach Gnüg vnd Rhu.
[130]
Wie Väterlich hat Er gerahten
Den Seinen? wie mit reicher Handt?
Wie Er dem Armut auch zustatten
Sey kommen, ist vns gnug bekant.
Sonst ist Sein gantzer Lebens-Wandel
Gewesen ohn betrug vnd Streit,
Er trieb in Gottesfurcht den Handel,
Vnd liebte nur Gerechtigheit.
Wie solt Er solcher schönen Gaben
Nicht ewig nehmen Preiß vnd danck
Bey Gott, der nichts vmbsonst wil haben,
Auch keinen kaltten Wassers-Tranck?
Hie hat er reichlich ausgestrewet,
Dort sammlet Er nun Garben ein
Mit Himmels Güttern sat erfrewet,
Dort kan Er hoch vnd Edel seyn.
Laß Nürnbergk sein Geschlecht auffweisen
Von hundert Jahren vnd noch mehr,
Laß Welschland Seine Vettern preisen
Ihr tapffer Hertz, Ihr Lob vnd Ehr!
Er ist zu grösser Hoheit kommen,
Schwebt vmb des Allerhöchsten Throhn,
Vnd ist in seine Huld genommen,
Vnd trägt die ewig' EhrenKrohn!
Ihr denen Reichthum zugefallen,
Mein wendet ewer Gut recht an,
Seht, daß der Mammon dort für allen
Euch gute Freunde machen kan.
Daß, wenn Ihr endlich müsst von hinnen
Nackt, als die nichts zur Welt gebracht,
Dort mögt das wahre Gut gewinnen,
Das ewig Reich vnd seelig macht!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Geistliche Lieder. Trostgedichte.. [So solstu nun auch Anstand machen]. [So solstu nun auch Anstand machen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-683F-3