Die Begegnung
Ich sah dich schon ...
Im Sonnenschein
beim Aehrenfeld am Wiesenrain
stand wilder Mohn;
ich sah den Flimmerstrahlen nach,
da wurde eine Blüte wach,
und aus der spröden Knospe brach
das Feuerseelchen an den Tag ...
So sah ich Dich, du knospend Kind, erglühn,
da wir im Walde trafen uns allein
und im Vorübergehn mein Blick dich küßte, –
auf deinen Wangen scheue Blumen blühn,
so sanft und rein,
als ob ich um Vergebung flehen müßte!
War's ein Erglühn? war's nur der Widerschein
des roten Sommerkleides, das dich hüllte,
[98]des Abends nur, der rot verglomm im Tann?
War's ein Erglühn? das erste war es dann,
das also dir die jungen Schläfen füllte:
so bangend schautest du mich an, –
so furchtsam fast zurück nach mir,
als du verschwandest sacht im dichten
Gewühl der silbergrauen Fichten ...
Doch meine Seele folgte dir:
dein blautief Auge blieb bei mir...
Ich sah dich schon,
du flüchtend Kind:
Durchs Kornfeld strich der heiße Wind,
es neigte bebend sich der Mohn, –
ich habe die roten Blätter verwehn,
zwischen den Halmen zerflattern sehn
und habe der Blüte nachgeträumt, –
und immer glaub' ich noch zu schauen,
von seiner zarten Glut umsäumt,
den Blumenkelch – den dunklen – blauen ...