[97] Beschwörung
Du bist nicht hier – ich fühle schwer,
wie deine blasse Hand mich preßte,
und wie Todfeinde sind mir plötzlich
die lachenden Geburtstagsgäste.
Immer verdrehter wird das Fest,
die Blumen welken in den Kränzen,
um meinen Bart sind die Gerüche
der Medizinen und Essenzen
von deinem Krankenbette her,
es ist vielleicht dein Sterbelager,
ich seh dein glanzlos Haar daliegen
und dein Gesicht, blutleer und mager.
[98] O sieh nicht so die Bäume hoch,
warum sie mit den kahlen Zweigen
so starr und schwarz vor deinem Fenster
ins graue Himmelsdickicht zeigen.
Sieh tief in deine Nacht hinab,
da glänzt mein Bild mit Gottesfarben
und läuft vom Blute Derer über,
die Dir zum Opfer in mir starben.
O sieh, sieh, wie mein Blick dich tränkt
und meine Lippen nach dir beben
und meine Hände zu dir beten
und dich beschwören: bleib mir leben!