[167] LXXVII.
Tod des Democritus. Dieser Philosoph lebte noch drey Tag länger, da er nichts sonst brauchte, als daß er an warmes Brod röche.

Unsere Körper sind wirkliche Siebe; indem die Haut, die uns bedecket, mit vielen tausend Löchern durchstochen ist; welches lauter kleine Werkzeuge der Verdauung sind, in welche sich eine unzählbare Menge kleiner Nahrungstheile begeben, welche die Luft mit sich führet. Wenn also die Luft, die uns umgiebet, mit diesen nahrhaften Theilchen genugsam angefüllet wäre, und solche, wenn sie an die äussere Fläche unsers Körpers stossen, von selbigem angenommen, und in hinlänglicher Menge in den Umlauf des Bluts hineingezogen würden, so könnten wir auf eine ganz unmerkliche Art leben, und uns erhalten; wir könnten auf solche Art gewisser massen von der Luft leben, doch es ist allezeit sicherer, sich auf diese Küche nicht allzuviel zu verlassen: inzwischen kann man nicht läugnen, daß gewisse Leute, die beständig mit einer dicken und von nahrhaften Theilen angefüllten Luft, wie z.E. die Metzger und Köche umgeben sind, sich nicht einigermassen auf diese Art nähren sollten. Der mehreste Theil dieser Personen sind gesund und stark und essen doch insgemein sehr wenig. Die [168] ganze Beschaffenheit ihres Körpers isset auf eine unmerkliche Art.


Hauptsächlich kann die Luft, die man in sich ziehet, die nahrhaften kleinen Theilchen, das ist, dieses unsichtbare pabulum, welches sie, wie man sagt, in sich enthält, in das Gewebe der Lungen hinein bringen. Man erzählet, daß Democritus, da er hundert Jahr alt war, seines Lebens müde wurde; wiewohl ich einige kenne, die, wenn sie auch doppelt so alt würden, sich wohl hüten würden, darüber verdrüßlich zu werden; kurz diesem Philosophen wollte die Welt nicht mehr gefallen, und er faste den Entschluß sie zu verlassen. Er aß und trank alle Tage etwas weniger, und hatte dadurch jenes erste Feuer, welches unsern Körper belebet, fast gänzlich verlöschet; es näherte sich schon seine letzte Stunde, als seine Schwester, die er liebte, zu ihm kam, und ihn bate, daß er noch nicht sterben mögte, weil sie sein Tod des Vergnügens berauben würde, an einem bevorstehenden Fest Antheil zu nehmen. Democritus entschloß sich ihr zu gefallen, sein Leben noch einige Augenblicke zu verlängern; ließ sich warmes Brod bringen, und lebte von dem blosen Geruch desselben noch drey Tage lang.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine. Werk. Medicinische Anecdoten. Medicinische Anekdoten. 77. Tod des Democritus. Dieser Philosoph lebte noch drey Tag länger. 77. Tod des Democritus. Dieser Philosoph lebte noch drey Tag länger. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-86D1-7