Her

Das Dampfroß lärmt den Säulengang herein –
Leb wohl Geliebte!
Es zischt und schnaubt – hier muß geschieden sein,
Leb wohl Geliebte!
[186]
Ein Pfiff! die Hallen schreiens widrig nach
Nimm fort ins Weite!
Vergiß nicht Herz, was die Geliebte sprach
Bei dem Geleite.
Wohin ich schau, die klare Mondennacht,
Gemacht für Träume.
Das Schneegefild in stiller Silberpracht!
Krystallne Bäume!
Ich höre nur in toller Rasselwuth
Des Zuges Sausen –
Und wäre mir nicht gar so wohl zu Muth,
Mir könnte grausen.
Doch ihre Wangen sah ich munter blühn,
Roth wie die Liebe.
Und ihre Augen blitzten klar und kühn,
Die Herzensdiebe.
Ihr letzter Kuß auf meiner Lippe flammt,
Der Seelenzünder,
Ich eile fort, zu neuer Glut verdammt,
Ein freudger Sünder.
Ein Sünder an der Freiheit – doch wahrhaft!
Sie ist ein Namen.
Des Lebens Inhalt ist die Leidenschaft,
Das Herz sagt Amen.
[187]
Die Liebste sprach: »Dich lieb ich grenzenlos!«
Auch ich, Geliebte!
Und ohne Grenzen sein, heißt frei sein blos –
Dank dir! Geliebte!

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TextGrid Repository (2012). Eichrodt, Ludwig. Gedichte. Leben und Liebe. Traum und Bild. Her. Her. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A073-B