[64] Unheimliche Stunde

Da sitzt die Nacht am Wegesaum,
Und neben ihr stehn Tod und Traum.
Das ist ein Geraune, ein Heimlichtun.
Ein Wind springt hinterm Wald hervor,
Erhascht ein Wort mit halbem Ohr,
Und ängstet feldein auf erschrocknen Schuhn.
Im Sumpfrohr hockt eine graue Gestalt,
Hundert graue Jahre alt,
Eine Frau, eine Hex, eine böse Seel.
Sie hat einen Kessel am Feuer und braut,
Ein Kind, eine Kröte, ein Schattenkraut,
Gestank und Geschwel.
Ein grüner Stern steht grad überm Haus,
Sieht wie ein böses Auge aus,
Und da hinten der Himmel brennt so rot.
Und horch, was war das? Die Uhr blieb stehn.
Wollen wir nicht lieber beten gehn?
Wir haben alle das Beten not.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Falke, Gustav. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Unheimliche Stunde. Unheimliche Stunde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A573-3