17. Hirtenlied auf eines Freundes in der Moskow gehaltener Hochzeit

1636 Mai.


Florian, der gute Pfeifer,
ging um Rußlands größte Stadt,
als von Kälte wurde steifer
Alles, was den Namen hat,
und so lang' er fingern kunte,
sang er, wie er stets begunte:
»Her, Palemon, her, Florelle,
her, Amynt, her, Sylvius!
Melibeus, her zur Stelle!
Singt mir Eins auf Tityrus!
Tityrus aus unsrem Orden,
der ist heute Bräutgam worden!
Tityrus ist Bräutgam worden,
Tityrus, der fromme Man.
Osten, Westen, Süd und Norden,
blaset unsern Nachbarn an,
unser Nachbar, der sich heute
dir, Kupido, giebt zur Beute!
[312]
Mein! wer ist denn seine Liebe?
Sie ists, unsre Dorile,
die sein lieb Gedächtnüß schriebe
oft zu Winters in den Schnee,
die oft schnitt' an manchen Eichen
ihres Liebsten Namenszeichen.
Er, der König unsrer Flüsse,
hebt sein schilficht Haupt empor,
tut für Freuden stärkre Güsse,
als er nie getan zuvor,
und, als man uns glauben machet,
hat er dreimal laut gelachet.
Die erfreuten Heerden springen,
das verlebte Jahr wird jung,
die gelehrten Vögel singen,
Wald und Feld ist auf dem Sprung',
und die Schoß der alten Erden
will aufs Neue schwanger werden.
Sie streicht mit verliebtem Finger
ihre Runzeln von der Haut.
Au' und Gärten werden junger
zu Gefallen unsrer Braut.
Zu Gefallen beiden Lieben
liebt was Liebe nur kan üben.
Ein Zweig bulet mit dem andern.
Die erhitzte Wasserschaar
sieht man an den Ufern wandern,
hier ein Pärlein, dort ein Paar.
Was tun anders Flüss' in Flüssen,
als daß sie uns lehren küssen?
Hier scheußt Münze, da Lavendel,
dort berühmter Dorant auf;
bunter Klee, gesunder Quendel
kömmt gesprossen Hauf' auf Hauf'.
Auf den Feldern, auf den Auen
ist nichts als der Mai zu schauen.
Freiet wol, ihr neuen Freier!
Laßt nichts nach als uneins sein!
[313]
Gott, der halte diß sein Feuer,
eure Liebe, stets im Schein'!
Unser Vorrat, Vieh und Weide
soll auch stets sein vor euch beide.
Laßt den bleichen Neid nur treiben,
wo sein leichter Wind hin will!
Bauren können vor ihm bleiben,
er hat viel ein hoher Ziel.
Einfalt ists, die Hirten nützet
und sie vor der Mißgunst schützet.
Daß ihr unser mögt gedenken,
so soll unser Ieder euch
einen feisten Hammel schenken.
Pan der mach' euch zeitlich reich!
Ewig wird euch der versorgen,
der uns stets bringt neue Morgen.«
Und mit dem war ihm erstarret
Hand und Wind und Wort darzu.
»Ei«, sprach Dorile, »so harret,
nehmt euch doch bei uns die Ruh'!
Ich will meinen lieben Gästen
heinte geben was zum Besten.«
Wol! Sie waren des zufrieden,
kunten sie was machen draus.
Tityrus nam einen Ieden,
und zoh' in sein neues Haus
zu Erwärmung ihrer Glieder
alle die gesammten Brüder.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Oden. 3. Von Hochzeitliedern. 17. Hirtenlied auf eines Freundes. 17. Hirtenlied auf eines Freundes. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A8E0-4