Die Bienen

In einem Bienenstock entspann sich einst ein Streit
Der bürgerlichen Eitelkeit;
Mit einem Wort, ein Streit der Ehre,
Wer edler und unedler wäre.
»O!« rief die stachlichte Partei,
»Was braucht man lange noch zu fragen,
Wer besser oder schlechter sei?
Wir, die wir in den warmen Tagen
Die Höschen in die Zellen tragen
Und stets mit Kunst beschäftigt sind,
Daß unser Rost von Honig rinnt;
Wer sieht es nicht, daß wir die Bessern sind?
Was braucht man also noch zu fragen?«
»So?« fielen hier die andern ein,
»Wo wird denn euer Honig sein,
Wofern wir nicht das Wasser künstlich tragen?
Daß euer Stachel uns gebricht,
Dies schadet unserm Werte nicht.
Genug, daß wir das Amt getreu verwalten,
Wozu der Staat uns für geschickt gehalten.
So niedrig unsre Pflicht euch scheint,
So soll euch doch der Ausgang lehren,
Daß wir mit euch zugleich vereint
Zur ganzen Republik gehören.«
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Sie trugen drauf kein Wasser mehr.
Nun mußten die, die Honig machten,
Fliehn oder in der Brut verschmachten,
Und viele Zellen wurden leer.
Der Weiser rief darauf den Rest der Untertanen,
Um sie zur Eintracht zu ermahnen.
»Der Unterschied in eurer Pflicht
Erzeugt«, sprach er, »den Vorzug nicht.
Nur die dem Staat am treusten dienen,
Dies sind allein die bessern Bienen.«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Gellert, Christian Fürchtegott. Fabeln und Erzählungen. Fabeln und Erzählungen. Drittes Buch. Die Bienen. Die Bienen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C2C2-B