Der Lügner

Ihr Meister in der Kunst zu lügen,
Rühmt euren Witz, schlau zu betrügen.
So viel ihr uns davon erzählt:
So wett' ich doch, daß euch die rechte List noch fehlt.
Ein schlechter Mensch, ihr werdet lachen,
Wird euch den Vorzug streitig machen.
In London saß ein böser Bube
Nebst einem andern auf den Tod.
Ein Anatomikus trat in die Kerkerstube
Und tat auf seinen Leib dem einen ein Gebot.
Doch Niklas schwur, daß ihn der Teufel holen sollte,
Eh' er für diesen Preis dem Arzt sich lassen wollte.
»Herr«, schrie der andre Delinquent,
»Sagt, wie Ihr um den Kerl so lange handeln könnt?
Laßt seinen magern Leib den Raben.
Seht, wie gesund ich bin, wie fett! Ihr sollt mich haben.
Und wißt Ihr, was Ihr geben sollt?
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Ich will es billig mit Euch machen;
Drei Gulden. Bin ich tot: so schneidet, wie Ihr wollt,
Ich will von keinem Schnitt erwachen.«
Kaum hatt' er noch das Geld empfangen,
So rief der witz'ge Delinquent:
»Gelogen! Herr, seht zu, wie Ihr mich kriegen könnt!
Ich werd' in Ketten aufgehangen.«

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TextGrid Repository (2012). Gellert, Christian Fürchtegott. Fabeln und Erzählungen. Fabeln und Erzählungen. Zweites Buch. Der Lügner. Der Lügner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C442-6