[299] 18. Auf das widerwärtige Unglück
1.
Ach du feindseeliges Unglück!
bliebstu doch nur ein mal zu rück!
wilst unaufhörlich mich begleiten?
ich reiß hinab / ich zieh' heraus /
so verunlustigst meinen Lauff /
bist mir verdrüßlich auf der Seiten.
Ach backe dich / du nimmer-froh /
quäl mich nicht alleweil also!
2.
Geschworne Feindin meiner Ruh /
Gesundheit / Ehr' und Freud dazu!
du Feindseeliger Tugend-Schatten!
du Höll-verfluchtes Weißheit-Gifft /
das tausend Widerstand anstifft!
wie kan sich Liecht mit Dunklen gatten?
die Tugend ist ein Demant-Stein /
muß Unglück-schwärz umschmelzet seyn,
3.
Verdunklerin der hellen Sonn /
verleiterin der Freud und Wonn /
[300]die keusche Weißheit pflegt zu geben!
du Gall im Zucker-süssen Safft /
den schöne Wissen schafft verschafft!
du Tod dem Tugend-Helden-Leben!
und wär dirs noch ein Höllen-Pein /
muß Tugend doch geliebet seyn!
4.
Der schönen Jugend böse Pest /
die Thränen / Mark und Blut auspresst!
du Schwindsucht aller Schönheit Gaben!
du Fieber stäter Furcht und Angst!
du Thier / daß du mich nicht vorlangst
hast in das todten-Reich begraben?
du Seuffz-und Thränen-Wassersucht!
ach nimm doch nur einmal die Flucht!
5.
Bin ich denn dein erwählter Zweck /
daß du so gar nit wilthinwegk?
hast zu dem Quäl-Ziel mich erkohren?
so sey dir offner Krieg und Streit
und Muhts-Unüberwindlichkeit!
bey mir hinfüro stäts geschworen.
die Tugend / wann ich recht betracht /
im Unglück sich recht glänzend macht.
[301] 6.
Kein Hercules ist / der nicht schlägt
der Hydren Köpff' / und sie erlogt.
die Unthier seyn darum auf Erden /
daß Tugend / Stärk und Dapfferkeit /
nach Sieg-geendtem Helden-Streit /
in aller Welt gepriesen werden.
Also verhoff' ich / mit der weil /
von dir / Unglück / ein Ehren-Seul.