Liebe und Wollust
an Molly
Schwestern sind sie, doch sie meiden
ewig sich ohn Unterlaß;
wählst du eine von den beiden,
mußt du von der andern scheiden,
schwörest du der andern Haß!
Schwestern sind sie, ähnlich scheinen
sie beim ersten Blicke, doch
wer sie suchet zu vereinen,
wird den Irrtum bald beweinen,
denn er nimmt der Wollust Joch.
Unter mancherlei Gestalten
schleichet sich die Listge ein,
läßt du einmal sie obwalten,
weiß sie schlau dich festzuhalten,
mußt du stets ihr Sklave sein!
Ihren schimmernden Altären
nahet sich die halbe Welt;
ihre süße Macht verehren
die selbst unter Schmerzenszähren,
die ihr Stachel teuflisch quält.
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Schön ist ihre Außenseite,
lieblich lacht ihr Rosenmund,
aber lockend lacht sie heute
und stößt morgen ihre Beute
wild in der Verzweiflung Schlund;
in der hocherhabnen Linken
hält sie schmeichelnd den Pokal,
aber folgst du ihren Winken,
willst den süßen Nektar trinken,
mordet dich ihr scharfer Stahl.
Ruhig, mit bescheidnen Mienen
naht die zweite, sanft und mild;
und wohl denen, die ihr dienen
rein und makellos; wohl ihnen,
all ihr Sehnen wird erfüllt.
Zwar lockt nicht mit frechen Blicken
sie dich an die keusche Brust,
doch wen ihre Gaben schmücken,
füllt das reine Herz Entzücken,
Seligkeit und Himmelslust!
Wohl dem edlen Erdensohne,
der ihr ewge Treue schwor,
denn der reinen Liebe Krone
reicht sie ihm zum schönen Lohne,
hebt zu Göttern ihn empor!
Ich auch habe sie gefunden,
mich auch schmückt ihr Rosenband,
meine Stirn hat sie umwunden
in der seligsten der Stunden,
als ich meine Molly fand!
Mich reizt nicht das Glück der Toren,
nicht der Wollust Vollgenuß,
Liebe, dich hab ich erkoren,
als ich Molly Treu geschworen,
bei der Holden ersten Kuß!
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Weg da mit dem eiteln Ruhme,
feiler Wollust Knecht zu sein!
in der Liebe Heiligtume
blüht mir eine schönre Blume,
Molly, Molly, du bist mein!
Den 19ten Juli 1808