[Zur Prüfungsfeier des k.k.
Offizierstöchter-Erziehungs-Instituts
zu Hernals bei Wien]
Wie Kinder eines Stengels,
Wie Hall und Widerhall,
Ziehn zwei Geschwisterengel
Durchs nachtentstrittne All.
Sie leben durch einander,
Doch mit einander kaum,
[211]Der eine hoch in Wolken,
Das andre tief im Raum.
Sie suchen sich so treulich,
Sie rufen sich so bang.
Doch trennt sie Raum und Ferne
Wohl jahre-, lebenslang.
Und wo der eine gestern,
Da ist der andre heut.
Kehrt jener suchend wieder,
Ist schon der Bruder weit.
Doch finden sie sich endlich,
Da eilen sie zum Bund,
Und legen Wang an Wange
Und drücken Mund an Mund,
Und schlagen mit den Flügeln
Und segnen Welt und Zeit;
Die Engel heißen: – Wohltun,
Wohltun und Dankbarkeit.
Vereint – der Schöpfung Krone,
Getrennt – ein Traum der Nacht,
Das letzte, was den Menschen
Der Gottheit ähnlich macht.
Wir, die wir hier im Tale
Seit unsrer Kindheit Tag
Gehört ob unsrem Haupte
Des einen Flügelschlag –
Auf, laßt uns ihm entgegen
Die Arme breiten weit:
Hier finde edles Wohltun
Für ewig Dankbarkeit.