[30] Neue Liebe
»Wie soll ich liebend dich umfassen
Und glauben, was dein Mund verspricht,
Da treulos du selbst die verlassen,
Die einst dein Leben, Lied und Licht?«
Wohl hieß mein Lied sie Licht und Leben,
Wie damals lüg' ich jetzt auch nicht:
Drum ruf' ich kühn: du bist mir werther
Als all mein Leben, Lied und Licht!
»Dem Tag' hast du ihr Aug' verglichen,
Ihr Haar den Sonnenstrahlen mild;
Ei, ist's schon deinem Sinn entwichen,
Daß Sonn' und Tag der Treue Bild!«
Der Nacht vergleich' ich deine Locken,
Dein Aug' dem Mond in nächt'ger Luft;
Ei, sollt ich's dir wohl erst noch sagen,
Daß Nacht und Mond zur Liebe ruft?
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»Und schwurst du nicht, eh' zu erbleichen,
Als dich zu wenden je von ihr?
Drum gingst du mir längst zu den Leichen,
Drum, todter Mann, hinweg von mir!«
Wohl schien ich selbst mir ein Begrab'ner,
Der längst schon unterm Rasen schlief,
Du wecktest mich, ein milder Engel,
Der mich ins schön're Leben rief.