Der treue Gefährte
Ich hatt' einst einen Genossen treu,
Wo ich war, war er auch dabei;
Blieb ich daheim, ging er auch nicht aus,
Und ging ich fort, blieb er nicht zu Haus.
Er trank aus einem Glas mit mir,
Er schlief in einem Bett mit mir,
Wir trugen die Kleider nach einem Schnitt,
Ja selbst zum Liebchen nahm ich ihn mit.
Und als mich's jüngst zu den Bergen zog,
Und Stab und Bündel im Arm ich wog,
Da sprach der treue Geselle gleich:
Mit Gunsten, Freund, ich geh' mit euch!
Wir wallten still hinaus zum Thor,
Die Bäume streben frisch empor,
Die Lüfte bringen uns warmen Gruß,
Da schüttelt der Freund den Kopf mit Verdruß.
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Im Aether jauchzt ein Lerchenchor,
Da hält er zugepreßt sein Ohr;
Süß duftet dort das Rosengesträuch,
Da wird er schwindlig und todtenbleich.
Und als wir stiegen den Berg hinan,
Verlor den Athem der arme Mann;
Ich wallt' empor mit leuchtendem Blick,
Doch er blieb keuchend unten zurück.
Ich aber stand jauchzend ganz allein
Am Bergesgipfel im Sonnenschein!
Rings grüne Triften und Blumenduft!
Rings wirbelnde Lerchen und Bergesluft!
Und als ich wieder zu Thal gewallt,
Da stieß ich auf eine Leiche bald:
O weh, er ist's! Todt liegt er hier,
Der einst der treu'ste Gefährte mir!
Da ließ ich graben ein tiefes Grab
Und senkte die Leiche still hinab,
Drauf setzt' ich einen Leichenstein
Und grub die Wort' als Inschrift drein:
»Hier ruht mein treu'ster Genoß im Land,
Herr Hypochonder zubenannt;
Er starb an frischer Bergesluft,
An Lerchenschlag und Rosenduft!
Sonst wünsch' ich ihm alles Glück und Heil,
Die ewige Ruh' werd' ihm zu Theil,
Nur wahr' mich Gott vor'm Wiedersehn
Und seinem fröhlichen Auferstehn!«