[46] 5.
Im Beichtstuhl sitzt ein Priester zu Gerichte.
Glaubt nicht des Jünglings ros'gem Angesichte!
Ein Eisfeld ist sein Herz, das kalte, rauhe,
Ein Spiegel, drin sich nur der Himmel schaue!
Und eine Wüste ist's, die schrankenlose,
Die öde, kahle, ohne Quell und Rose,
Draus nur die Pyramide »Gott« sich hebet,
Doch einsam, düster, grau und unbelebet.
Ein lockig Mägdlein kniet zu seinen Füßen,
Ihr Herz ihm ganz und reuig aufzuschließen;
Drin hat die Sünd' ein Gärtlein, ein gar schönes,
Voll Rosenhecken und voll Quellgetönes.
Nun ihre Worte den Bericht beginnen
Und von den ros'gen Lippen lispelnd rinnen,
Da wird es ihm, als ries'le eine Quelle
Durch seinen Wüstensand ganz frisch und helle.
Und wie sie flüsternd spricht von sel'gen Lauben,
Da mochte wohl mit Fug der Arme glauben,
Es habe Lenz mit seinen Rosen allen
Den Gletscher bombardirend überfallen.
Das Mädchen schritt entsühnt schon längst von hinnen,
Er lehnt im Stuhle noch in tiefem Sinnen,
Umsäuselt still von keimenden Gedanken;
Die Pyramide, ach, beginnt zu wanken!
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Und aus den wiedergrünen Wüstenschollen
Ist Blüth' an Blüth' und Zweig an Zweig entquollen,
Als Laube kühl und lind sein Haupt umdüsternd,
Viel süße, heil'ge Wonnemärchen flüsternd.
Und an den Zweigen gaukelnd auf und nieder,
Singt eine Nachtigall gar seltne Lieder:
Es ist sein Herz! – Wenn Nachtigallen schlagen,
Wer weiß, ist's Jauchzen, ist's ein stilles Klagen?