Anhang

Manibus Beatiß. Fœminæ Pietate, Virtute Modestia, Suavitate Floridißimæ Mariæ Rismanniæ Parentis Dulcissimæ Desideratissimæq;


Ætatis Anno 25. Christi 1637. 2. Februarij ad cælica æternitatis palatiæ evocata.


Ach welch ein Donnerstral kombt mir durchs Hertz gerennet/
Fraw Mutter! ach so früh! so plötzlich! ach so bald!
Ach mir wird Leib vnnd Seel gantz durch vnd durch zutrennet!
Ich fühl wie mir das Blutt in allen Gliedern wallt.
Was hör ich! O Ihr Kron! O Zierde keuscher Frawen/
O aller Tugend Liecht! O Blume dieser Welt!
Hat Euch des Todes-Seens so grimmig abgehawen?
Ist Ewrem Lebenslauff so kurtzes Ziel gestellt?
Muß deñ der Parcen Schluß so richtig für sich gehen?
Hilfft keine Freundligkeit/ hilfft keiner kräuter Fleiß?
Hilfft solches From seyn nicht? kan dẽ nicht wiederstehen/
Ein Sinn der sonst von nichts als Gottes liebe Weiß?
Ach! nein! Ihr seid hin weg? Ewr trefflich Angesichte/
Das wunder der Natur/ Ewr mehr alß zarter Leib/
Ewr Rosen-roter Mund erblast vnnd wird zu nichte/
Nichts ist/ das mehr an Euch bey seiner Schönheit bleib!
So stirbt die Lilien wenn sich der Winde sausen
[22]
Läst hören in dem Feld/ wenn aller Wetter macht
Durch vngehewre Lufft/ vnd schwerer Wolcken brausen/
Mit Fewr/ blitz/ Sturm vñ Brand vnd schweren schlägen kracht.
O allzuschwerer Todt! eh denn Ihr recht noch blühet/
Noch eh die Mittags Sonn des Lebens Euch berührt/
Hat der/ so keine Zeit vñ junge jahr ansihet/
Euch in das enge Hauß des Grabes einlosirt.
Ach! hätt Ich eh denn Ihr die Augen zugedrücket/
Mocht gegenwertig seyn/ Ich hät' vor so viel Trew
Doch inniglich gedanckt/ eh Ihr den Geist verschicket/
Hätt ich Ewr wehrte Lieb gerühmbt ohn heucheley!
Ich hätt Euch vor gesehn; eh den Ihr gantz beschlossen/
Ihr hättet mir zuvor noch gutte Nacht gesagt.
Ich hätt Ewr Todtenkleid mit Thränen vbergossen
Vnd auff dem schwartzen Sarg den herben Fall beklagt!
Mein Wüntschen ist vmbsonst! Herr Bruder vnser reisen
Ist allzulang gespart/ wir hätten zwar gedacht/
Sie würd Ihr ander sich/ vns selbst voll Frewden weisen/
Gott hat durch diese Sinn ein grossen Strich gemacht.
O daß doch auff der Welt nichts kan beständig bleiben!
O daß doch alle ding so nichts vnnd flüchtig sind!
Nichts ist/ das sich nicht selbst zum Vntergang muß treiben/
Nichts ist das seinen Todt nicht stündlich in sich find/
Wil vns das alter gleich ein wenig frist versprechen/
Daß als ein Strom doch fleust/ so kombt Gott selbst heran;
Gott dessen starcker Hand kein Fleisch sich kan entbrechen/
Gott/ Gott ists der auch hier den Schmertzens Riß gethan/
Doch was Gott schleust ist gutt: Obs schon sehr häfftig scheinet
Vnd Menschen sawr geht ein; Gott hat Euch jtzt ergetzt/
Fraw Mutter auff Ewr Creutz/ mehr als mein Hertz vermeinet;
Jtzt seid Ihr aller Angst vnd allem Weh entsetzt/
Ihr strandet schon am Port wir schweben auff den Wellen/
Da vns manch wilder Nort gantz zuversencken drewt/
Wir sinds die Ach vnd Noth vnd Widrigkeiten fällen/
Ihr seid mit diesem schon (was jeder wüntscht) erfrewt/
Ihr seid vns nur voran/ wir werden alle gehen
Der Ewigkeiten Weg; Ich/ den des Todes Hand
Nun dreymal weyse macht; gedenck Euch bald zu sehen/
[23]
Weil schöner als zuvor im Seelen Vaterland/
Wenn Ich den kurtzen Rest des Lebens abgeleget;
Den mir des Himmels Gunst nur darumb noch nachsicht
Daß Ich den Vntergang der mich so sehr beweget/
Mit Thränen warer Lieb laß vnbeklaget nicht.

consecrabat

mæstißima manus

Filii

Andreæ Gryphii.


[24]
Fæminei lux summa chori, pietatis amæna
Effigies, Virtutis apex, rosa fulgida, Mundi
Delitium Marie, (lachrymis en sqvallida nobis
Ora madent; subitæque ruunt in verba lituræ)
Heu Marie! (cessate oculi, dum tristia promam
Fulmina & immiti properem convitia fato
Percitus.) Heu Marie tenero pulcherrima vultu,
Pulchrior ætheriis animi fulgoribus eheu!
Quid taciti æternorum irritamenta dolorum Abs-
Condimus? ipsa Parens radianti in flore juventæ
Occidit! hoc fuerat furva quod nocte jacentem
Somnia terruerant tragicis horrenda figuris!
Quod tetri sine sole dies; qvod sponte rotarent
Lumina mærorum fluvios! nec turpia posthac
Secula & invisis pollutam mortibus auram
Linqvimus? O seriem rerum qvam lubrica torquent
Stamina præcipites Parcarum in funera dextræ!
Qvæ rabies? qvæ dira lues tam certa nocendi
Tela jacit! qvid casta fides, qvid pectora pro sunt
Candida, qvid probitas? cecidere! augustaque vitæ
Tempora, vernantesque manu scidit Atropos annos.
Nec Tibi purpureo suffusi sanguine vultus,
(Nil veris affingo bonis) radiataque cælo
Lumina, nec nivea jucunda modestia frontis
Membrorum nec dius honor, potuere verendam
Tantisper proferre diem? sic lilia nimbis
Fracta cadunt; torvosque rosæ moriuntur ad Austros.
Me miserum! tantumne decus specus atra sepulchri
Condet? & in cinerum tenueis resoluta peribunt
Pectora relliqvias? nec post adamata videbo
Ora, nec arcanis implebo qvestibus aures!
Nec fotus dulci alloqvio, svavißima fandi
Munera, maternumque animo metatus amorem,
Curarum excutiam scrupos! saltem ultima lingvæ
Momina, & extremas audire & reddere voces,
Porrectamque manu licuisset stringere dextram,
Et summum plorare VALE! mors omnia lusit
[25]
Vota! quid incassum fracto hæc sub corde voluto
Disjunctosque incuso locos, faciemque tueri
Dilectam exposco lachrymans! fas credere summo
Sic rerum placuisse Deo! qvem læta salutis
Posthabito aspectans mundo, super omnia plausu
Extollis, Sponsumque anima Regemque salutas
Sidereis innixa globis jam victa dolorum
Agmina, morborumque luem, barathrumque timoris
Horrentesque necis furias confractaque rides
Spicula, dum superum cæli per inania prætor
Descendat, faculisque ferum citus opprimat orbem
Et tumuli pandat latebras, animataque reddat
Membra tibi; totamque hilari te inducat olympo.
Interea, abjunctum Tibi me, dum distinet acris
Scena soli carcerque gravis mea vota coercet
His spatiis; SALVE EXTREMUM DULCISSIMA MATER
EXTREMUMQVE VALE! volucer tibi circulus ævum
Finierit, tumbâque brevi, brevis ipse relicta
Cluserit ossa licet; Tu mî tamen usque superstes
Mater eris semperque meo sub pectore VIVES.

in via ad exeqvias plorabat. Andreas Gryphius.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Gryphius, Andreas. Gedichte. Sonette. Sonnette. [Lissaer Sonnette]. Anhang. Anhang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-1EA6-4