[253] Der allzeit fröhliche Christ

Alles ändert auf der Welt
Nach der Macht verborgner Schlüße,
Nur Gedult besteht und hält
Auch im tiefsten Unglücksriße;
Reicht nun sie mir Stab und Licht,
O so fällt mein Glücke nicht.
Stürme sind zur See gemein,
In dem Leben muß man leiden,
Niemand ist so hoch und klein,
Alle Fehler zu vermeiden,
Keiner kan auch durch sein Flehn
Lauter helle Wolcken sehn.
Und daher ist's blind und toll,
Gottes Ordnung zu bedauren;
Ist ihr Weg uns dornenvoll,
Nimmt man doch nicht Trost vom Trauren;
Gram und selbst gemachter Tort
Eilt mit uns in Abgrund fort.
Bricht ein Hauscreuz in das Herz
Oder flicht der Feind uns Stricke,
Hat die Misgunst ihren Scherz,
Redet falscher Freunde Tücke,
Eitler Kummer immerhin!
Nichts bewegt den festen Sinn.
Es entspringt der Heldenmuth
Von dem redlichen Gewißen,
Ohne welches Geist und Blut
Niemahls wahre Ruh genießen;
Bey dem stärcksten Hagelschneyn
Erndtet Unschuld Rosen ein.
[254]
Unsers Leidens Kampf und Joch
Crönt die Hofnung jenes Lebens;
Harte Stürme trefen doch
Edle Seelen nur vergebens.
Lustig hier und seelig dort:
Treuer Himmel, halt dein Wort!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Gedichte. Gedichte. Klagelieder und geistliche Gedichte. Landeshut Oktober 1721 - Jena 15. März 1723. Der allzeit fröhliche Christ. Der allzeit fröhliche Christ. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2285-B